Chronik/Wien

Warum Wiener nach Gasunfällen nach Graz gebracht werden müssen

Mit den heißen Temperaturen häuft sich wieder die Zahl lebensbedrohlicher Kohlenmonoxid-Vergiftungen, die unter anderem durch unsachgemäß gewartete Gasthermen ausgelöst werden können. Erst am Pfingstmontag wurden fünf Personen in einer Wohnhausanlage auf der Wieden verletzt.

Ein 14-jähriges Mädchen sogar so schwer, dass es, wie berichtet, mit dem Hubschrauber ins LKH Graz gebracht werden musste. Dort gibt es österreichweit die einzige Druckkammer, mit der Patienten mit schweren CO-Vergiftungen behandelt werden können.

Zur Erklärung: Das eingeatmete CO bindet sich an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin, dadurch wird seine Fähigkeit, lebenswichtigen Sauerstoff zu transportieren, massiv eingeschränkt.

In der Druckkammer müssen die Patienten reinen Sauerstoff einatmen. Der erhöhte Druck sorgt dafür, dass er wieder leichter vom Körpergewebe aufgenommen wird, das schädliche CO wird hingegen abgeatmet. Auch Patienten nach Tauchunfällen werden in solchen Anlagen behandelt, um schwere Langzeit-Schäden zu verhindern.

Wien ohne Kammer

Angesichts der aktuellen Fälle startet nun in Internetforen die Diskussion, warum die Patienten nach Graz gebracht werden müssen, wo sich doch die Bundeshauptstadt mit dem AKH gerne als Zentrum der heimischen Spitzenmedizin sieht.

Außerdem fallen allein wegen seiner Bevölkerungszahl in Wien österreichweit die meisten Kohlenmonoxid-Unfälle an.

Die Hintergründe für den Transfer nach Graz sind leicht kurios: Tatsächlich wurde im AKH 2003 eine eigene Druckkammer um rund eine halbe Million Euro angeschafft. Allerdings änderten sich nur wenige Jahre später die Brandschutz-Bestimmungen. Die AKH-Anlage konnte sie nicht mehr erfüllen. Eine Anpassung fand nicht statt. Seitdem ist sie außer Betrieb.

Seitens der Stadt Wien sieht man dennoch kein Problem: „Die 24-Stunden-Dienstbereitschaft in Graz gewährleistet die jederzeitige Versorgung in einem medizinisch akzeptablen Zeitfenster für das gesamte Bundesgebiet, also auch für Wiener Patienten“, sagt eine Sprecherin des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV).

Der Regionale Strukturplan Gesundheit enthalte derzeit auch keine Vorgabe für den Betrieb einer Druckkammer in Wien. Warum dann seinerzeit überhaupt eine im AKH angeschafft wurde, lässt sie offen.

Unfällen vorbeugen

Unabhängig davon ließen sich lebensbedrohliche CO-Unfälle aber leicht verhindern, wie die Mieterhilfe betont: Die regelmäßige Wartung der Gastherme vermeide das Austreten von CO weitgehend.

Auslöser der hohen CO-Konzentrationen in der Wohnung ist meist ein Abgasrückstau, der sich durch das hitzebedingte Erliegen der Thermik im Kamin bilden kann. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch mobile Klimageräte, die dem Raum weitere Luft entzieht. Es entsteht ein Unterdruck, wodurch das giftige CO vom Kamin in die Wohnung angesaugt wird.

„Wenn schon eine Klimaanlage, dann ein sogenanntes fix montiertes Split-Klimagerät“, rät Christian Bartok, Leiter der Mieterhilfe. „Es sollte vom Vermieter genehmigt und von Fachleuten installiert und in Betrieb genommen werden“, empfiehlt er den Mietern.