Chronik/Wien

Vorzeigekindergarten droht das Aus

Das Mädchen, das mit Bauklötzen spielt, will nichts unversucht lassen: „Dann kitzeln wir sie einfach so lange, bis sie uns wieder lieb haben.“ Mit „sie“ meint das Mädchen die Vertreter der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH); mit „uns“ 66 andere Kinder und elf Kindergartenpädagoginnen, die derzeit um ihren Hort- bzw. um ihren Arbeitsplatz fürchten.

Rot-grüne ÖH-Vertreter liefern sich derzeit ein Match mit dem ältesten selbstverwalteten Kindergarten Österreichs. Es geht um einen Zuschuss von 30.000 Euro, den die ÖH dem Studentinnenkindergarten am Uni-Campus jährlich überweist. So auch heuer. Doch es könnte das letzte Mal gewesen sein.

„Ich habe Angst, dass die Einrichtung bald Geschichte ist“, sagt Stephan Höller (29), Vater eines kleinen Kindes. Höller und all die anderen Eltern bekamen einen Brief von der ÖH. „Es hieß, wir sollen uns um einen neuen Hortplatz umsehen.“ Die Zukunft des Kindergartens ist ungewiss. Leiterin Karin Wilflingseder ergänzt: „Die ÖH verweigert das Gespräch. Dabei geht es auch um elf Arbeitsplätze.“

Tiefe Gräben

Doch wieso richtet sich ausgerechnet eine linke ÖH-Exekutive gegen einen Kindergarten, in dem sich progressive Väter ein Mal in der Woche zum Kochdienst verpflichten lassen und wo fortschrittliche Mütter nicht nur Windeln sondern auch Glühbirnen wechseln? „Die Situation ist sehr heikel“, gibt selbst Kübra Atasoy zu. Doch die Chefin der ÖH-Exekutive an der Hauptuni Wien stößt sich an der Platzvergabe im Kindergarten. „Da kommen längst nicht mehr nur Studierende zum Zug. Das widerspricht der Grundidee. Seit vier Jahren weisen wir darauf hin.“

Dass zwei Drittel der Eltern, die ihr Kind im Hort abgeben, noch studieren, will Atasoy so nicht akzeptieren. Und auch, dass der Kindergarten-Vorstand eigens bereits erteilte Platzzusagen für das laufende Jahr wieder aufhob, um sie im Sinne der ÖH neu zu vergeben, kommt für Atasoy „zu spät“. Die „Vertrauensbasis“ fehle. Wie der Verein das Vertrauen wieder zurückgewinnen könne, wird jedoch nicht verraten.

Wie geht es also weiter?

„Auch unser Ziel lautet, dass der Betrieb aufrecht bleibt“, sagt Atasoy. Allein das Wie sei offen. Entweder die ÖH zieht sich mitsamt den 30.000 Euro zurück, wodurch der Kindergarten für Studierende erst recht unerschwinglich würde. Möglich ist auch, dass der Vorstand ausgetauscht wird oder man sich doch noch einig wird.

Dass sich die ÖH ob der vielen Fragezeichen den Vorwurf gefallen lassen muss, den Kindergarten bewusst an die Wand zu fahren, scheint auch Atasoy zu ahnen. „Eine Lösung wird es spätestens im März geben“, beteuert sie.

Fix ist also nur: Mit „Kitzeln, bis man einander wieder mag“ ist dieser Konflikt nicht mehr zu lösen.