Elterntaxis ade: Vereinsgasse ist Schulstraße
Peter L.s Auto war am Montag eingesperrt. Zwar nur eine halbe Stunde, geärgert hat es den Leopoldstädter trotzdem. „Ich verstehe den Sinn nicht ganz. Wozu das?“, sagt er. Mit „das“ meint L. den Umstand, dass die Gabelsbergergasse und einen Abschnitt der Vereinsgasse ab sofort eine Schulstraße sind. Das bedeutet: In einem zweimonatigen Pilotversuch gilt an Schultagen morgens (7.45 bis 8.15 Uhr) ein Fahrverbot für Kfz.
Das Verkehrschaos aus Eltern-Taxis, die im Minutentakt Kinder vor der ansässigen Volksschule absetzen, soll so verschwinden. „Es gibt hier einen Durchzugs- sowie einen Hol- und Bringverkehr, sodass eine gefährliche Situation entsteht“, erklärt Wolf Fricks-Burgstaller vom Elternverein. Der Viertklässlerin Helene gefällt’s: „Ich finde es cool, dann wird es sicherer.“ Das Mädchen erhofft sich, nun den Schulweg öfter ohne ihren Vater Markus Gradner absolvieren zu dürfen. „Ich bringe die Kinder oft mit dem Auto zur Schule“, räumt dieser ein. „Aber ich finde die Schulstraße super.“ Als Einschränkung empfindet er das Fahrverbot nicht: „Dann halte ich um die Ecke und gehe eben 30 Meter weiter. Vielleicht fahre ich auch öfter mit dem Rad.“
Auf eine derartige Verhaltensänderung hofft Petra Jens. „Der Versuch ist dann ein Erfolg, wenn sich das Problem nicht einfach an die nächste Ecke verlagert. Wir werden das sehr genau beobachten“, sagt die städtische Fußgänger-Beauftragte, die das Projekt begleitet. Für das Experiment eingesetzt hat sich auch der Bezirk. Notwendig sei das geworden, da die Eltern-Taxis trotz Information und Bitten nicht weniger geworden seien, erklärt Bezirkschefin Uschi Lichtenegger (Grüne).
Glückt der Versuch in der Leopoldstadt, könnten auch andere Wiener Gassen Schulstraßen werden. Markus Reiter (Grüne), Bezirksvorsteher in Neubau schweben bereits konkrete Standorte vor: Die Kandl- und die Stiftgasse. Umgesetzt werden sollen die Schulstraßen dort frühestens im November, davor will Reiter jedenfalls den Schulgemeinschafsausschuss einbinden.
Vorbilder
Wien folgt mit der Verbannung der Eltern-Taxis einem österreichweiten Trend: In der Stadt Salzburg rückten im Vorjahr erstmals Schulwarte mit Scherengittern aus, um die Straße abzusperren. Bereits 30 oberösterreichische Gemeinden setzen auf Eltern-Haltestellen statt Fahrverbote. Kindern können dort in der Nähe der Schule sicher aussteigen.
Dass Eltern auf diese Art und Weise erzogen werden, stört Thomas Hirsch, Geschäftsführer einer Kfz-Werkstatt unweit der neuen Wiener Schulstraße: „Es ist schade, dass das auf Kosten der Allgemeinheit geht. Ein Fahrverbot ist für uns kein positives Signal.“ Für ihn und seine Kunden gibt es aber auch eine gute Nachricht: Zwar ist die Polizei vor Ort, sagt Bezirkschefin Lichtenegger. „Sie soll aber nicht strafen, sondern informieren.“