Video belegt: Imam war in Kriegsspiele involviert
Von Daniel Melcher
Salutierende Kinder in Uniform. Eltern, die ihre Kinder anfeuern. Und der Imam, der voller Freude die Aufführung mitfilmt. Nachdem die Stadtzeitung "Falter" Fotos der „ Kriegsspiele“ in einer Wiener Moschee veröffentlichte, ist jetzt ein Video davon aufgetaucht, das dem KURIER vorliegt.
Eltern applaudierten
In diesem Video ist zu sehen, was die Kinder alles nachspielen mussten. Religiöse Gesänge sollen die Dramatik des Stückes musikalisch untermalen. Die Kinder stehen sich als Frauen mit Kopftuch und Soldaten in Uniform verkleidet gegenüber. Dabei scheinen sich die Soldaten von ihren Frauen zu verabschieden, um in die Schlacht von Canakkale zu ziehen. Sie umarmen sich, küssen die Hand der Frau. Die Eltern filmen das Schauspiel mit und scheinen ihre Kinder bei ihrem Auftritt zu bestärken. Unter ihnen befinden sich vorwiegend Frauen mit Kopftüchern.
Ein als Soldat verkleidetes Mädchen stimmt vor den anderen Kindern in Uniform zur folgenden Rede an: „Von nun an ist mein Herz versiegelt und meine Hände verschlossen. Ich schwöre, dass ich bis zum letzten Atemzug kämpfen werde und den Feind nicht durch Canakkale lasse. Möge Gott uns schützen, Amen.“
Am Ende erhalten die Kinder dafür von den Eltern tosenden Applaus. Im Hintergrund ist der Imam der Moschee, Muhammet Çörekçi, zu sehen. Mit seinem Smartphone gezückt, geht er auf und ab und filmt die Aufführung mit.
Imam sollte lügen
Die Aufnahmen sind besonder brisant, da sich der Seelsorger gegenüber dem KURIER zu den „Kriegsspielen“ nicht äußern wollte. Er versuchte sich darauf angesprochen heraus zu reden und begann sich mit dem ehemaligen Obmann der Moscheevereins, Adem Sert, auf Türkisch zu unterhalten.
„Sag doch einfach, dass du nicht dabei warst“, riet ihm dieser. Das Video belegt das Gegenteil. Çörekçi dürfte die Aufführung zumindest mitgeplant haben. Auf Anfrage zeigt man sich bei Atib überrascht und verweist auf die laufende Überprüfung. Man werde schauen, „wie das inhaltlich zustande gekommen ist“, sagt Sprecher
Ersoy Yasar.
Der Seelsorger ist weiterhin offiziell aktiv. In einem Gespräch mit einigen Besuchern sagte er noch: „Wir sind nicht hier, um zu streiten, sondern bringen Liebe.“
Dass der ehemalige Vereinsobmann, der nach Bekanntwerden der Aufführungen abgewählt wurde, ebenfalls weiterhin ein und aus geht, stört in der Dammstraße in Wien-Brigittenau niemanden.
„Im Endeffekt ist er Mitglied des Vereins. Er zahlt seinen Mitgliedsbeitrag. Dass er aus dem Verein verwiesen wird, ist nicht der richtige Schritt“, heißt es. Spätestens nächste Woche dürfte es jedoch weitere Konsequenzen geben.
ATIB-Kindergarten
Der türkische Moscheeverein ATIB betreibt indirekt auch Kindergärten und hat im Vorjahr von der Stadt Wien dafür zumindest 227.000 Euro an Förderung bekommen. Träger der Kindergärten ist nicht ATIB selbst, sondern das "Bildungs- und Forschungsinstitut Notka", eine Art Unterverein des Dachverbands ATIB.
Obmann dieses Instituts ist Yasar Ersoy, der bei ATIB tätig ist und dort als Kontaktperson für die Presse genannt wird. Ersoy ist auch Sekretär des "Zentrums für Soziale Unterstützung in Österreich (ZSU)". Dieser Verein ist zusammen mit ATIB (Türkisch Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich) Eigentümer der "ATIB Union GmbH".
Im Büro des für Kindergärten zuständigen Stadtrats Jürgen (SPÖ) wies man auf APA-Anfrage darauf hin, dass ATIB "keine Kindergärten als Träger" betreibe. Es gebe einen Träger, wo die Stadt wisse, dass Vertreter von ATIB im Vorstand sitzen und dass sei der Verein Nokta, der den Kindergarten "Marienkäfer" betreibt. Der Kindergarten werde laufend kontrolliert und sei bisher nicht auffällig geworden, versicherte eine Sprecherin von Czernohorszky. Insgesamt gebe die Stadt 360 Mio. Euro pro Jahr für die Förderung von privaten Kindergärten aus, 227.000 Euro davon eben für "Marienkäfer".
Förderungen sind aber nicht nur für Kindergärten geflossen, sondern auch an ATIB direkt, wie der APA vorliegende Zahlen zeigen. Die "Türkisch Islamische Union" und das "Katib Kultur Zentrum" haben in den Jahren 2013 bis 2017 rund 30.000 Euro an dezentraler Bezirksförderung bekommen.
Wie viel Fördergeld ATIB und seine vielen Vereine österreichweit bekommen haben, ist nicht feststellbar, da Förderungen auf Landes-und Gemeindeebene mangels Transparenz nirgends vollständig aufscheinen. Die seit Jahren geplante Transparenzdatenbank wird noch immer nicht mit entsprechenden Daten befüllt. Auf Bundesebene sind, soweit bisher bekannt, keine Förderungen geflossen.