Chronik/Wien

Vassilakou will Häupls "Ja-Wort"

Der Koalitionskrach zwischen Rot und Grün wird immer heftiger. Während die Grünen auf einer Wahlrechtsreform beharren, bereiten sich die Roten bereits auf den Wahlkampf vor.

"Ich will jetzt eine Entscheidung", sagt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zum KURIER. Sie will von Bürgermeister Michael Häupl das "Ja-Wort" zu dem von den Grünen publik gemachten Kompromiss. "Und zwar in den nächsten Tagen. Wir verhandeln seit viereinhalb Jahren, jetzt liegen die Karten auf dem Tisch." Doch Häupl will sich nicht unter Druck setzen lassen. "Fakt ist, dass es keinen endgültigen Vorschlag in der Verhandlungsgruppe gibt", sagt Häupl am Rande einer Pressekonferenz. Es werde daher weiter verhandelt.

"Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung", kontert Vassilakou. Nach wie vor kämpft die grüne Vizebürgermeisterin um das neue Wahlrecht. "Wenn nichts kommt, werde ich meine Konsequenzen ziehen", droht Vassilakou. Wie diese aussehen, wollte sie nicht präzisieren. Hinter vorgehaltener Hand wird in grünen Kreisen aber durchaus die Möglichkeit eines grünen Brachialschritts betont.

Vor der Wahl 2010 hatten Grün, Schwarz und Blau beim Notar vereinbart, den mehrheitsfördernden Faktor bei der Mandatsvergabe von 1 auf 0 zu senken. Die Grünen könnten also auch gegen die Roten einen Antrag zum Wahlrecht einbringen.

ÖVP-Obmann Manfred Juraczka würde diesen auch unterstützen. "Wenn die Grünen einen Antrag gemäß der notariellen Vereinbarung einbringen, werden wir mitstimmen", sagt Juraczka. Zustimmung dazu gibt es auch von blauer Seite.

Stilfragen

Aus der SPÖ heißt es dazu nur: "Kein Kommentar", wie ein Sprecher der Partei ausrichten lässt. Es sei im Gegensatz zu den Grünen nicht der Stil der SPÖ, dem Koalitionspartner etwas über die Medien auszurichten.

Politologe Peter Filzmaier glaubt noch immer an eine Reform. "Die Frage ist, ob es wirklich nicht nur ein Reförmchen wird", sagt Filzmaier zum KURIER.

Wie verärgert die Roten über den Grünen Vorstoß sind, zeigt ein Rundruf unter Funktionären. "Wir haben eine Vereinbarung getroffen und erwarten uns Vertragstreue", sagt ein ranghoher Vertreter. Auch vor den Konsequenzen fürchtet man sich nicht. "Die Grünen können uns nicht drohen", gibt man sich in der SPÖ betont gelassen.

Polit-Poker

Es wäre allerdings ein bemerkenswerter Vorgang für Wien, würden die Grünen mit der Opposition gegen die SPÖ stimmen. Für Häupl ist das dennoch ein gefährliches Spiel: Denn wenn man drauf kommt, dass man auch ohne die SPÖ Gesetze beschließen kann, könnte die Opposition auch in andere von der SPÖ kontrollierte Bereiche eindringen und etwa die Kontrollrechte für ausgelagerte, stadtnahe Betriebe ausbauen.

Entscheidung in Rust

Angesichts der rot-grünen Dauerstreits gilt es als gesichert, dass Häupl in zwei Wochen bei der roten Klubklausur im burgenländischen Rust den Wahltermin bekannt geben wird. Entgegen der Usancen würde der grüne Koalitionspartner dabei nicht eingebunden.

"Die SPÖ will immer die Kommunikation bestimmen", sagt Filzmaier. Dass in Rust eine Entscheidung fallen müsse, liege auf der Hand "Nach der Ankündigung des Bürgermeisters, er wisse den Termin bereits, kann er nicht viel Zeit verstreichen lassen", sagt Filzmaier. Damit ist auch die Entscheidung für den Juni als Wahltermin gefallen. "In Rust einen Oktobertermin zu verkünden, macht wenig Sinn", glaubt Filzmaier. Die SPÖ befindet sich im Wahlkampfmodus, Rust wird für den großen Wahlkampfauftakt genutzt.