Chronik/Wien

Geständnis in Vergewaltigungsprozess: 10 Monate Gefängnis für Wiener DJ

Mit einem überraschenden Geständnis des Angeklagten ist am Freitag die Verhandlung gegen einen Wiener DJ wegen Vergewaltigung und Missbrauchs einer wehrlosen Person fortgesetzt worden.

Der 29-Jährige gab am zweiten Verhandlungstag zu, im März 2024 auf der Toiletten-Anlage in einem Club einer Bekannten einen Stoß versetzt zu haben, sie fixiert und zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung gezwungen zu haben.

Der Angeklagte kannte die 23-Jährige seit zwei Jahren von Sexpositiv-Partys. Am ersten Verhandlungstag stellte er diese gegen ihn erhobene Anschuldigung in Abrede: "Sie war eine gute, liebe Freundin von mir. Ich könnte ihr nie Gewalt antun. Ich bin prinzipiell kein gewalttätiger Mensch."

Schwere Vorwürfe gegen Wiener DJ

Er habe sie zwar gefragt, ob sie Lust auf Sex hätte, das hätte die 23-Jährige aber abgelehnt, "weil sie frisch in einer monogamen Beziehung war." Dann sei es kurz zu sexuellen Handlungen gekommen, wie er damals ausführte. Aber als die Frau ihn aufgefordert habe, damit aufzuhören hätte er das auch gemacht.

Nachdem die Frau beim letzten Verhandlungstermin ausgesagt hatte und sichtlich mitgenommen, die Übergriffe schilderte, legte der Beschuldigte nun ein Geständnis ab. Ihrer Darstellung zufolge hatte sie der 29-Jährige unter dem Vorwand, ihm gehe es nicht gut, auf die Herren-Toilette gelockt. Dort habe sie sich um ihn kümmern wollen. Er sei dann aber zudringlich geworden. Sie habe ihn wegzustoßen versucht, was ihr nicht gelungen sei. Er habe ihren Widerstand mit Gewalt überwunden: "Ich hatte noch eine Woche später blaue Flecken."

Dem Mann wird von Staatsanwältin Franziska Fent neben der Vergewaltigung auch sexuelle Belästigung sowie der Missbrauch von wehrlosen Frauen vorgeworfen. Die Frauen waren laut Anklage aufgrund ihres Zustandes - sie standen entweder unter dem Einfluss von Substanzen oder schliefen bzw. befanden sich im Halbschlaf - dem Mann hilflos ausgeliefert.

Am ersten Verhandlungstag am 17. Oktober dehnte die Staatsanwältin dann die Anklage aus: ein weiteres Opfer habe sich zwei Tage zuvor bei der Polizei gemeldet und davon berichtet, dass sie im Herbst 2022 mit dem Angeklagten Drogen und Alkohol konsumiert und ihn dann nach Hause begleitet hätte. Dort sei sie "wie weggeschossen" gewesen - der Mann soll diesen Zustand ausgenutzt haben, um mit der ebenfalls Wehrlosen Geschlechtsverkehr zu vollziehen.

#TechnoMeToo: Betroffene wehren sich

Diese Frau und zwei weitere Opfer wurden am Freitag unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt. Danach soll das Urteil gefällt werden. Der Angeklagte sitzt seit Ende Juli wegen Tatbegehungsgefahr in U-Haft. Die verfahrensgegenständlichen Missbrauchshandlungen sollen sich zwischen April 2021 und März 2024 ereignet haben, wobei sich unter den Betroffenen auch die Ex-Freundin des Mannes befindet.

Zeugen berichteten heute, dass der Mann "schon immer sehr offensiv auf Frauen zugegangen" sei. Ein anderer berichtete, dass ihm immer wieder Beschwerden von Freundinnen zu Ohren gekommen seien.

Staatsanwältin Fent hielt zum Abschluss fest, dass das Geständnis des Mannes "vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Zeugin (zur angeklagten Vergewaltigung, Anm.) wahnsinnig gut ausgesagt hat und ihm bewusst wurde, dass er aus der Sache nicht rauskommt."

Rechtsanwalt Sascha Flatz wiederum versucht, seinen Mandanten in ein gutes Licht zu rücken: "Er ist nicht der schlechte Mensch, als der er hier dargestellt wird." Und zu den Zwischenfällen meint er: "Ein Nein gilt ja nicht für den ganzen Abend." Der Ruf seines Mandanten sie sowieso ruiniert. "Jeder in Wien weiß, wer das ist."

32 Monate teilbedingte Haft

Am Freitagnachmittag ist der Wiener DJ schließlich zu 32 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Zehn Monate davon muss der 29-Jährige im Gefängnis absitzen. Zudem muss der Mann eine Psychotherapie absolvieren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Der DJ nahm die Strafe an, die Staatsanwaltschaft geht allerdings in Berufung. 

Neben Vergewaltigung in einem Fall erfolgte der Schuldspruch auch wegen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung in zwei Fällen. Von allen anderen Anklagepunkten wie sexuelle Belästigung sowie der Missbrauch von wehrlosen Personen wurde er freigesprochen. Dafür gab es für den Schöffensenat „zu wenig Beweissubstrat“, wie die vorsitzende Richterin Danja Petschniker ausführte. 

"Nein muss Nein bleiben"

Deshalb erfolgte die Verurteilung neben der Vergewaltigung auch wegen des Paragrafen 205a Strafgesetzbuch. „Die Idee hinter dem Paragrafen ist, dass ein 'Nein' auch ein 'Nein' bleiben muss“, betonte Petschniker. Mildernd wurden das Geständnis und der bisherige Lebenswandel gewertet. Erschwerend war das Zusammentreffen von mehreren Straftaten.

Der Fall ist bekannt geworden, nachdem unter dem Hashtag #TechnoMeToo im September 2023 die Aktivistin und Party-Veranstalterin Frederika Ferková und die DJ Sabrina Geißler ein Bewusstsein für Übergriffe auf Frauen, trans und nonbinäre Personen im Wiener Nachtleben geschaffen haben. Daraufhin berichteten dutzende Betroffene von missbräuchlichem Verhalten von männlichen Club-Besitzern, Veranstaltern und DJs. Ein Name, der dabei fiel, war der des nun angeklagten 29-Jährigen.