Chronik/Wien

Rafael starb mit 3 Monaten: Mord-Freispruch für Vater

Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp findet  am Donnerstag im Landesgericht für Strafsachen in Wien klare Worte: „Der drei Monate alte Rafael ist eines gewaltsamen Todes gestorben.“

Am 3. Februar wurde der Säugling ins Krankenhaus gebracht. Am 6. Februar um 17.48 Uhr wurden im Wiener AKH die lebenserhaltenden Geräte abgedreht.

Vor Gericht muss sich  der 29-jährige Vater des Buben (vertreten von Rechtsanwältin Astrid Wagner) wegen Mordes verantworten. Denn, so die feste Überzeugung der Staatsanwaltschaft: Rafael hat ein tödliches  Schütteltrauma erlitten.

„Ich habe meinen Sohn nie geschüttelt“, beteuert der Mann.  Das Baby sei bei einer Familienfeier herumgereicht worden, es habe auch bei der Schwiegermutter übernachtet – und selbst die behandelnden Ärzte hat er im Verdacht.

Fest steht: Der Mann war mit seinem Baby ab 15 Uhr allein daheim. Die Kindesmutter war mit der gemeinsamen Tochter bei einer Geburtstagsfeier. Als sie nachts heimkam, bemerkte sie den kritischen Zustand ihres Sohnes. Er hatte die Augen geschlossen, machte seltsame Geräusche, hob einen Arm nach oben. Es war der Todeskampf des kleinen Buben. Festgehalten mit Handy-Videos, die auch im Zuge der Verhandlung gezeigt werden. Die Frau – auch sie galt anfangs als verdächtig – entschlug sich vor Gericht der Aussage.

"Normale Trauersituation"

Ein Krankenpfleger, der den kleinen Rafael auf der Kinderintensivstation betreute, erinnert sich: „Die Eltern waren sehr aufgebracht, sie haben geweint, die Hand des Kindes gehalten. Eine ganz normale Trauersituation.“

Erst dachten die behandelnden Ärzte an eine Blutvergiftung. Doch schnell mussten sie ihre Diagnose ändern. Ein MRT zeigte einen massiven Hirnschaden, die vorhandene Hirnschwellung nahm rasant zu. Ein Röntgen legte den Verdacht nahe, dass eine Rippe gebrochen war. „Das passiert zum Beispiel durch Festhalten“, führt der Gerichtsmediziner aus.

10 bis 30 Mal geschüttelt

Er stellte bei seiner Untersuchung auch fest, dass Rafael eine massive Hirnschwellung hatte, ebenso massive Einblutungen im Bereich der Netzhäute. Durch grobes Hantieren mit dem Baby könne das nicht passieren, hält er fest, auch nicht durch ein unachtsames Ablegen des Säuglings. „Damit so ein Schütteltrauma entsteht, dauert es 5 bis 10 Sekunden, das Baby muss 10 bis 30 Mal geschüttelt werden.“ 

Auch der Neuropathologe Herbert Budka bekräftigte: Alle Untersuchungen entsprechen einem erlittenen Schütteltrauma. Es müsse auch „eine gewisse Massivität des Vorganges“ gegeben haben. Zudem stellte er auch ältere Verletzungen fest.

Doch die Geschworenen waren sich da nicht sicher. Immer wieder stellten sie Detailfragen. Und schließlich fällten sie einen Freispruch (6:2 Stimmen). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Nach dem Freispruch brach der Mann in Tränen aus, dankte den Geschworenen und seiner Anwältin Wagner. „Gott schütze Sie!“ Er wurde aus der Untersuchungshaft entlassen.