Chronik/Wien

Tierschutzhaus bleibt auf Gift sitzen

Es stinkt, rostet, schimmelt, zerbröselt und zerfällt. Im Hof blubbert schwarzer Teer aus dem Untergrund, am Parkplatz ist ein drei Meter tiefes Loch eingebrochen, im Kollektorgang mit Strom- und Telefonleitungen steht fauliges Wasser, an Wänden fällt der Putz ab. Das alles passiert in keinem Abbruchhaus, sondern im Heim von mehr als 1500 Lebewesen - im Wiener Tierschutzhaus.

Das ab 1995 auf einer ehemaligen Raffinerie errichtete Haus ist nicht mehr zu retten. Der Grundstücksbesitzer, die Stadt Wien, fühlt sich für die Schäden nicht zuständig. Madeleine Petrovic, Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, ist verzweifelt: "Da unten ist eine Mischung aus Teer, Reifen, Batterien und allem möglichen. Im Loch am Parkplatz sieht man Teile einer ganzen Tankstelle. Anfangs war dort auch flüssiges Öl ausgetreten, jetzt ist es weg. Keiner weiß, wohin. Das ist eine riesige Umweltgefahr für die ganze Umgebung." Eine Zukunft für Haus oder Standort gebe es nicht: "Eine Sanierung der Altlast wird auf 300 Millionen Euro geschätzt. Damals (Anm.: Abschluss Baurechtsvertrag 1995) wurde gesagt, dass man bauen kann, wenn das Gebäude auf Pfähle gestellt wird. Aber gerade das war falsch. Die Betonpfähle zersetzen sich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zum Kollaps kommt."

"Nicht zuständig"

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Doch es scheint, als würde der Verein auf der Altlast im wahrsten Sinne des Wortes sitzen bleiben. Bei der Stadt Wien beißt man auf Granit: "Ein Kontrollamtsbericht zeigt, dass wir nicht zuständig sind. Es wurde damals mehrmals auf die Besonderheiten des Grundes hingewiesen. Der Verein musste sich dessen bewusst sein. Der WTV hat das Areal als optimal aus drei zur Auswahl gestandenen Grundstücken bezeichnet. Es gibt auch keine Setzung der Gebäudefundierung, die Tragfähigkeit ist nicht gefährdet", heißt es dazu aus dem Büro von Stadträtin Ulli Sima. Die Baubewilligung ist damals auch von der Gemeinde Vösendorf gekommen.

Petrovic: "Ich gebe niemand die Schuld. Das ist ein behördlicher Eiertanz. Wir haben ständig das Arbeitsinspektorat da. Falls einem Mitarbeiter was passiert, stehe ich vor dem Strafrichter." Sie fordert einen Neubau: "Das könnten wir selbst finanzieren, aber wir brauchen ein Grundstück." Aus dem Büro Sima dazu: "Es laufen gerade eine Bedarfserhebung und Gespräche über ein Tier-Kompetenzzentrum."

Problematik: Schon 185 "Kampfhunde" warten im Heim

"Spike ist ein Kampf-Schmuser", sagt Hundetrainerin Sabine Koch und krault dem Stafford-Rottweiler-Rüden das Ohr. Vor einem Jahr wurde Spike im Tierschutzhaus abgegeben, weil sein Besitzer nicht mehr mit ihm zurechtgekommen ist. Das Tier hatte eine Ausbildung als Schutzhund "genossen". Für den WTV eine unnötige "Scharfmacherei". Das Beißen in geschützte Arme oder Beine habe mit Sport nichts zu tun. Koch: "Wir haben immer wieder Hunde, die an den Folgen dieser brutalen Ausbildung leiden." Auch Methoden wie Schläge oder verbotene Stachelhalsbänder kommen vor. Spike hat sie langsam wieder freundlich gemacht. Allein das "wilde" Aussehen verringert aber die Chancen auf einen guten Platz. Derzeit sind 185 Listenhunde in Vösendorf.