Chronik/Wien

Streit um Nachhilfe

Gratis-Nachhilfe für alle Wiener Schüler. Das war das große Thema bei der SPÖ-Klubklausur in Rust. Doch mittlerweile häufen sich die kritischen Stimmen.

Wiens Stadtschulrat Christian Oxonitsch (SP) präsentierte am Mittwoch in einer Aussendung den Fahrplan. Ab Herbst soll es für alle öffentlichen Volksschulen je nach Klassenzahl Förderstunden geben, Standorte mit vielen sozial schwachen Schülern, Kindern mit Lernschwierigkeiten oder Sprachproblemen bekommen zusätzliche Kontingente.

Eine große Zahl der Schüler kommt aber gar nicht erst in den Genuss der Nachhilfe. Denn 42.000 Kinder besuchen in Wien Schulen privater Träger. "Stimmt", sagt Oxonitsch: "Wir haben unser Modell für das öffentliche Schulwesen entwickelt."

Es wird auch so schwer genug, Personal zu bekommen. "Ich weiß nicht, wo die Stadt die angedachten 400 Lehrer herzaubern will", sagt VP-Bildungssprecherin Isabella Leeb. "Wir starten daher im Herbst vorerst mit den Volksschulen, wo wir 200 Lehrer brauchen. Diese haben wir in Form von neuen Lehrern aber auch Mehrstunden", entgegnet Oxonitsch, der hier kein Problem sind.

Unsicherheit

In den Schulen selbst herrscht dennoch Unsicherheit. Derzeit laufen die Planungen für das Wintersemester, wer welche Ressourcen bekommt, ist aber noch unklar. Direktoren klagen bereits, dass sie auf Weisung des Stadtschulrates Lehrer für die Gratisnachhilfe am Nachmittag vom Vormittag umschichten müssten.

Die Gewerkschaft begrüßt zwar, dass Wien – wie andere Bundesländer auch – zusätzliches Geld in die Bildung investiert: "Allerdings ist die Umsetzung alles andere als glücklich", sagt Lehrergewerkschafter Stephan Maresch. Auch unter Lehrern ist die Maßnahme umstritten. "Eine Nachhilfe-Gruppe kann bis zu 12 Schüler haben. Da ist eine gute Förderung aber gar nicht mehr möglich", sagt ein Lehrer.

Für Leeb ist die Nachhilfe daher ein reiner Wahlgag. "Da wurde den Eltern etwas vorgegaukelt", sagt Leeb. "Nebenbei werden bereits bestehende gut funktionierende Systeme wie die Lerntafel konterkariert, weil die Eltern jetzt glauben, dass es Nachhilfe sowieso in der Schule gibt."