AKH-Ärzte fordern rasche Lösung zu Arbeitszeiten
Von Daniela Wahl
Mehrere hundert Ärzte haben sich am Mittwochvormittag im Wiener AKH versammelt, um bei einer Betriebsversammlung eine rasche Lösung in der Frage der Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes zu fordern. Betriebsrat und Ärztekammer orteten dabei durchaus schlechte Stimmung in der Belegschaft.
Während der Versammlung lief das größte Spital Österreichs nur im Notbetrieb, das Chaos blieb dennoch aus. Nicht dringende Operationen wurden verschoben und sollen in den kommenden Tagen nachgeholt werden, sagte AKH-Direktor Herwig Wetzlinger.
"Die Stimmung ist nicht gut"
Mehr Druck auf Rektorat
Mit der ausgedehnten Betriebsversammlung, die parallel zu jener an der Medizinischen Universität in Innsbruck stattfand, wolle man ein ganz klares Signal setzen, betonte Betriebsrat Martin Andreas. "Es zeigt, dass die Kollegen eine rasche Lösung wollen und sich das auch von der Politik erwarten", meinte er. Die Versammlung heute soll auch ein bisschen mehr Druck in die noch laufenden Verhandlungen mit dem Rektorat bringen.
"Gesundheitssystem wird heruntergefahren"
Für Kammer-Präsidenten Szekeres hat das KAV-Nein vor allem auch Folgen für das gesamte Wiener Gesundheitssystem. Wenn es weder im AKH noch im KAV eine Lösung gebe, werde das Konsequenzen für die Patienten haben, zeigte er sich überzeugt. "Ich bin mir inzwischen auch nicht mehr sicher, ob es nicht Absicht seitens des Rektorats und der Stadt Wien ist, das Gesundheitssystem hinunterzufahren - ohne es wirklich zuzugeben", sagte Szekeres.
Die schon derzeit vorhandene ärztliche Unterbesetzung zeige sich im Besonderen durch die überlangen Wartezeiten in den Ambulanzen sowie Gangbetten in fast allen KAV-Spitälern, so Szekeres in einer Aussendung. Dieser Trend werde sich noch fortsetzen, sollte die Gemeinde Wien an ihren Plänen einer Personalreduktion festhalten.
Chaos blieb aus
Aufgeschobene Eingriffe sollen durch zusätzliche OP-Kapazitäten in den nächsten Tagen kompensiert werden. Man sei bemüht, den Tag mit möglichst wenig Problemen für die Patienten abzuwickeln. Für Akutfälle werde es gar keine Auswirkungen geben, wurde versprochen.
"No Point of Service"
Den Unmut der Patienten fürchtet Szekeres nicht: "Ich habe nicht das Gefühl, dass die Patienten grantig sind. Die haben sich darauf eingestellt, es sind weniger Menschen hier als sonst." Im Endeffekt gehe es eben darum, das Gesundheitssystem zu erhalten. "Ich kann nicht in den Krankenhäusern herunterfahren, im niedergelassenen Bereich herunterfahren und dann den Best Point of Service suchen. Denn dann haben wir einen No Point of Service", meinte er.
Wehsely lädt zu Krisen-Treffen
Man werde alle an einen Tisch bitten, um über die weitere Vorgangsweise zu reden, teilte eine Sprecherin der Ressortchefin am Mittwoch der APA mit. Ab 21.00 Uhr soll das Treffen, das ausdrücklich nicht als Verhandlungsrunde angesetzt ist, stattfinden. Eingeladen werden Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, der Vorsitzende der Gewerkschaft für Gemeindebedienstete, Christian Meidlinger, und Hermann Leitner, Obmann der Kurie für angestellte Ärzte.
Kurier der Ärztekammer tagt
In den Stunden davor finden bereits entscheidende Sitzungen statt. Am Donnerstagnachmittag tagt die Kurie der Ärztekammer, die die Ablehnung des jüngst paktierten Arbeitszeit-Maßnahmenpakets bestätigen wird. Damit wird das "Njet" der KAV-Ärzte bei der Urabstimmung quasi zur offiziellen Kammerhaltung. Die Kurie hat stets betont, dass bei einer Beteiligung von mehr als 50 Prozent das Ergebnis als bindend anzusehen ist. Tatsächlich haben fast drei Viertel aller Mediziner bei dem Votum ihre Meinung kundgetan. Ab 18.00 Uhr wird dann der Vorstand der Gewerkschaft tagen. Auch dort wird das Ergebnis der Verhandlungen präsentiert und beraten.
Nicht nur im AKH, auch in den Gemeindespitälern geht es weiterhin rund: Der Streit um das neue Arbeitszeitmodell gipfelte in einem Maulkorberlass im KAV. Mehr dazu lesen Sie im unteren Abschnitt.
Der Streit um das neue Arbeitszeitmodell gipfelt in einem Maulkorberlass im Krankenanstaltenverbund (KAV). In einem internen Mail droht Personalchefin Renate Christ rebellischen Ärzten mit dienstrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Entlassung.
Hintergrund: In letzter Zeit seien von dienstlichen PCs während der Dienstzeit private eMails zum "Arbeitszeitmodell Neu" versendet worden (siehe Faksimile). Noch dazu an einen großen Kreis von Lesern innerhalb und außerhalb des KAV. Das widerspreche einem Erlass der Magistratsdirektion zur Internet-Nutzung.
Darin ist zwar festgehalten, dass die private Nutzung von eMails im geringen Umfang gestattet ist. Diese eMails dürfen allerdings "nicht dem Ruf oder dem Ansehen des Magistrats schaden oder diesen in Misskredit bringen". Genau das sieht man jetzt im KAV im Streit um das neue Arbeitszeitmodell gegeben.
Kritik
"Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely will über das eindeutige Votum der Ärzte drüberfahren und nicht an den Verhandlungstisch zurück. Das alleine ist schon skandalös", sagt Wiens ÖVP-Chef Manfred Juraczka. "Nun aber mit Maulkörben für die Ärzte zu arbeiten und per offiziellen KAV-Rundmail jede Diskussion unterbinden zu wollen, schlägt dem Fass den Boden aus." Juraczka fordert Wehsely auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren und zu überlegen, wie "sozial" die SPÖ als Arbeitgeber sei.
Auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres findet das Vorgehen der KAV-Generaldirektion "skurril". Immerhin sei der große eMail-Verteiler, über den sämtliche KAV-Ärzte Wiens angeschrieben werden können und um den es im gegenständlichen Erlass geht, "seit Monaten für alle offen". Zudem könne man sowohl intern, als auch extern über den Privat-PC darauf zugreifen. "Da schaut man monatelang zu – und sobald sich unangenehme Kommentare häufen, spricht man auf einmal von einem Verstoß." Als Motiv für den Erlass vermutet Szekeres, "dass sich kritische Bemerkungen über den Generaldirektor in letzter Zeit gehäuft haben".
Überreaktion
Massive Kritik kommt auch von Gernot Rainer, Gründer der neuen Ärzte-Gewerkschaft Asklepios (die im Rathaus lapidar als Verein bezeichnet wird). Er sieht "eine Überreaktion der Generaldirektion". Zumal der Inhalt aller Mails immer transparent für den Dienstgeber gewesen sei. Der Erlass habe "einschüchternde Wirkung", bestätigt er. Die Verwendung des besagten Mail-Verteilers sei deutlich zurückgegangen – weshalb man nun auch überlege, einen alternativen Kommunikationskanal für Ärzte einzurichten.
Im KAV versucht man unterdessen zu beruhigen. "Das waren Mails an große Verteiler. Daher wurde der Erlass noch einmal in Erinnerung gerufen", sagt eine Sprecherin. KAV-Generaldirektor Udo Janßen zeigt ebenso Verständnis: "Es gibt bei jeder Veränderung gewisse Ängste." Doch man werde künftig flexibler auf Bedürfnisse eingehen können. "Keiner wird sich das alte Modell in fünf Jahren wieder wünschen", prophezeit Janßen.
Dafür muss es allerdings erst einmal beschlossen werden. Stadträtin Wehsely betonte, für Nachverhandlungen nicht zur Verfügung zu stehen. Am Donnerstag wird die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten noch einmal über das Arbeitszeitmodell beraten. "Die Vereinbarung ist eine gute Vereinbarung", sagt Gewerkschafts-Chef Christian Meidlinger. Die Umfrage sei eine Umfrage der Ärzte. "Die Gewerkschaft vertritt aber mehr als nur eine Berufsgruppe."