Chronik/Wien

Spitalsärzte murren über Reform

Als "große Strukturreform", die die Spitalsorganisation auf neue Beine stellt, feierte Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) vergangene Woche das neue Arbeitszeit- und Gehaltspaket für die 3000 Ärzte in den Wiener Gemeindespitälern (KAV). Die Reform wurde notwendig, weil auch in den Wiener Krankenhäusern auf Druck der EU die durchschnittliche Arbeitszeit von 60 auf 48 Stunden gesenkt werden muss.

Innerhalb der betroffenen Ärzteschaft stößt das Paket jedoch nicht nur auf Begeisterung. "Aus medizinischer Sicht kann dieses Modell nur als Frühgeburt betrachtet werden", ärgert sich eine Ärztin. An einzelnen Abteilungen wird es geschlossen abgelehnt.

Für Ärger sorgt vor allem die geplante Umstellung der Arbeitszeit auf 12,5 Stunden. Viele Ärzte befürchten, dass die bestehenden 25-Stunden-Dienste bis auf Ausnahmen vollständig ersetzt und letztlich ein Schichtbetrieb eingeführt wird – von 7 bis 19 Uhr Abends und von 19 bis 7 Uhr in der Früh. "Gleichzeitig sollen aber die Nachtdienste um 30 Prozent reduziert werden. Das kann nicht funktionieren", gibt Gernot Rainer, Initiator der neuen Ärzte-Gewerkschaft Asklepios, zu bedenken. In manchen Bereichen (etwa in der Notfall-Medizin) sei ein Schichtbetrieb sinnvoll, flächendeckend sei er aber für eine optimale Versorgung der Patienten ungeeignet. "Er führt dazu, dass sie jeden Tag mit einem anderen Arzt zu tun haben."

Vielen Ärzten ist auch noch nicht klar, wie viel sie künftig verdienen werden. Die Ärztekammer arbeitet derzeit noch an einem Gehaltsrechner.

Abstimmung

Ende Februar will die Kammer die KAV-Ärzte über das Paket abstimmen lassen. Ursprünglich war geplant, dies in Form einer personalisierten elektronischen Abstimmung zu machen, jetzt wird diskutiert, sie doch anonym mit Stimmzetteln durchzuführen. Rainer rechnet damit, dass das Votum klar negativ ausgeht, und fordert "ein Zurück an den Verhandlungstisch".

Im KAV versteht man die Aufregung nicht: "Untertags werden in dem Zeitraum von 7 bis 19 Uhr mehr Ärzte anwesend sein, das heißt aber nicht, dass es hier einen fixen 12-Stunden-Schichtdienst gibt", betont eine Sprecherin. "Die Dienstpläne werden auf Abteilungsebene individuell auf die Bedürfnisse der speziellen Abteilung basierend erstellt."

Auch den immer wieder erhobenen Vorwurf der mangelnden Information über die Neuregelungen weist man zurück: "Noch am Tag der Einigung wurden umfassende Informationen im Intranet veröffentlicht." Auch eine Hotline wurde eingerichtet. Bis dato hätten sich dort aber gerade einmal 13 Ärzte gemeldet.