Chronik/Wien

Showdown im Wiener AKH

Ein in Wien noch nie dagewesenes Szenario könnte demnächst Realität werden: Ab Freitag stimmen die rund 1900 Ärzte am AKH online darüber ab, ob sie zu einem Streik bereit sind. Die von der Wiener Ärztekammer organisierte Befragung läuft bis 27. Mai.

Hintergrund ist der seit Monaten tobende Streit zwischen Ärztevertretern und Rektorat der MedUni um die Umsetzung der neuen Arbeitszeit-Regelung. Knackpunkt ist die deshalb nötige Gehaltsanpassung: Der Betriebsrat fordert, dass die Gehaltserhöhung um rund 30 Prozent rückwirkend mit 1. Jänner 2015 eingeführt wird, das Rektorat sieht dafür keine Mittel und beharrt auf einer Anpassung ab 2016. Das letzte Angebot sah vor, die vorhandenen Mittel auf die Jahre 2015 bis 2017 aufzuteilen und so eine Art rückwirkende Zahlung zu ermöglichen. Dem Betriebsrat ist das allerdings nicht genug.

Wenn sich die Mehrheit der Ärzte für einen Streik ausspricht, könnte es noch vor den Sommerferien zu Kampfmaßnahmen kommen. Wenn nötig, in wachsender Dauer und Intensität. "Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat dafür schon ihre grundsätzliche Unterstützung zugesagt", sagt Martin Andreas, oberster Personalvertreter der AKH-Ärzte. Er hofft aber weiterhin auf eine Einigung mit dem Rektorat.

Bis dato sind die Fronten allerdings noch völlig verhärtet. Zuletzt appellierte MedUni-Rektor Wolfgang Schütz an den Betriebsrat "die Protest-Linie endlich zu verlassen und sich auch am Verhandlungstisch zu bewegen." Weiter will man sich im Rektorat zu einem möglichen Streik nicht äußern und wartet erst einmal die Abstimmung ab. "Es steht den Ärztevertretern frei, über mögliche Maßnahmen abzustimmen und jede Entscheidung der Ärzteschaft ist zur Kenntnis zu nehmen", heißt es im für die AKH-Ärzte zuständigen Wissenschaftsministerium, das "im regen Austausch mit allen Beteiligten" steht. Auch dort hat man die Hoffnung nicht aufgegeben, dass noch zu einer Lösung kommt.

Finanziell und propagandistisch hat die Ärztekammer jedenfalls bereits enorm aufgerüstet. Zuletzt wurden für Maßnahmen rund um den Arbeitskampf ein Betrag im hohen einstelligen Millionenbereich beschlossen. Daraus wird zum Beispiel die professionell gestaltete Website www.akhstreik2015.at (Kosten: rund 26.500 Euro) finanziert. Auf ihr können sich die AKH-Ärzte über rechtliche Aspekte zum Streik informieren, gleichzeitig wird damit um Verständnis innerhalb der Bevölkerung geworben.

Notversorgung

"Die Notversorgung wird auf jeden Fall aufrecht bleiben", betont Betriebsrat Andreas. Das habe auch bei der letzten großen Betriebsversammlung im AKH funktioniert. Patienten mit nicht-akuten Beschwerden werden aber wohl in andere Spitäler ausweichen müssen.

Seitens der Wiener Gemeindespitäler macht man sich darüber bereits Gedanken: "Ich erwarte von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, dass sie mit uns abspricht, wann und in welchen Abteilungen genau gestreikt wird", sagt Udo Janßen, Generaldirektor des Krankenanstaltenverbunds.

Eine gewisse Zahl an AKH-Patienten, die nicht die spezialisierte Betreuung der dortigen Unikliniken benötigen, könne man durchaus übernehmen. "Das machen wir auch in Grippezeiten, dafür sind wir gewappnet", sagt Janßen. Heikel werde die Situation, wenn aus einem punktuellen- ein Generalstreik werde. "Ein solcher ist aber sicher nicht mit dem ärztlichen Ethos vereinbar."

Während im AKH und in den Gemeindespitälern die Neuregelung der Ärztearbeitszeit noch für Konflikte sorgt, haben sich die Wiener Ordensspitäler mit der Stadt gütlich geeinigt. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) präsentierte am Donnerstag gemeinsam mit Spitalsvertretern und Gewerkschaft das Ergebnis. Dieses sieht unter anderem erstmals einen Kollektivvertrag vor.

Durch die neuen Arbeitszeiten werden Gehaltsanpassungen nötig, genauso wie zusätzlich Ärzteposten. Die zu erwartenden Mehrkosten müssten von der öffentlichen Hand abgegolten werden. Mit dieser Forderung waren die acht konfessionellen Häuser Anfang Mai in die Verhandlungen gestartet. Nun ist fix: Die Stadt wird 2015 den Finanzierungsrahmen um zehn Millionen Euro erhöhen, 2016 betragen die zusätzlichen Mittel maximal 20 Mio. Euro. Das wird den Krankenhäusern ermöglichen, 40 neue Posten zu schaffen. Derzeit sind in den betreffenden Spitälern 780 Ärzte tätig.