Schwester wollte zur Schule gehen: 16-Jähriger schlug zu
Im August des Vorjahres kam der damals 15-jährige Afghane im Zuge einer Familienzusammenführung nach Österreich. Doch hier spielte er sich als Familienoberhaupt auf. Vor allem seine um ein Jahr jüngere Schwester bekam das zu spüren. Weil das Mädchen in die Schule ging, schlug der Bruder zu. Die Situation eskalierte, als die Schwester sich weigerte, dem Bruder einen Tee zu servieren - wenig später lag sie mit einem Nasenbeinbruch im Krankenhaus.
Familie zeigte "Prügelknaben" an
Seit Mai sitzt der mittlerweile 16-Jährige in Untersuchungshaft in Wien. Bei seinem Prozess in Wien liest der Staatsanwalt eine ganze Reihe an Vorwürfen vor. Nicht nur die Schwester bekam den Unmut des Burschen zu spüren. Auch die (zum Teil älteren) Brüder kassierten Prügel. Von der Mutter verlangte er Geld für Drogen - andernfalls würde er die Geschwister schlagen.
Die eigene Familie ging schließlich zur Polizei und zeigte ihn an.
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Vor Gericht tut sich der Jugendliche schwer, Fehler einzugestehen. "Mein Schwester hat gesagt, dass ich eine große Nase habe", erklärt er. "Sie hat immer zuerst zugeschlagen." Dass er ihr drohte, sie umzubringen, wenn sie in die Schule geht, bestreitet er. Ebenso, dass er dem Bruder ein Messer vor die Nase hielt, als der einschritt. "Das Messer war sehr klein."
Irgendwann erklärt er dann doch: "Ich habe nichts Gutes gemacht." Und schiebt die Schuld auf seinen Drogenkonsum. "Ich konnte nicht klar denken."
"Es ist ihm nicht gelungen, hier Fuß zu fassen", stellt der Staatsanwalt fest. Den Vater gibt es nicht mehr. Er wurde in Afghanistan getötet. Der Bursche selbst wurde bei einer Bombenexplosion verletzt. Zudem, so erzählt er, sei er von den Taliban verschleppt und malträtiert worden.
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"Wie soll das weitergehen mit Ihnen?", fragt die Richterin. - "Ich werde das nicht mehr tun. Ich habe gesehen, wie es im Gefängnis ist. Es ist nicht gut. Ich bin seit einem Jahr in Österreich und seit Monaten in Haft." - "Ja, das ist traurig", stellt die Richterin fest. "Aber wo wollen Sie wohnen? Zuhause wird das nicht mehr funktionieren." Der jugendliche Angeklagte zuckt mit den Schultern.
Sprachbarriere
Die Zeit in Haft hat er zumindest genützt, um einen Sprachkurs zu machen. Bei einer Entlassung steht ein Platz im Krisenzentrum und anschließend in einer Wohngemeinschaft im Raum. Einer Therapie stimmt der Jugendliche zu. Doch seine Deutschkenntnisse reichen nicht dafür aus, dass er diese in Deutsch absolvieren könnte. "Es gibt nur einen Therapeuten, der Farsi spricht", stellt auch die Richterin fest. "Aber der ist in Linz."
Das Urteil: 18 Monate teilbedingte Haft, drei Monate davon unbedingt. Nachdem er die bereits in U-Haft verbüßt hat, wurde der Bursche nach der Verhandlung enthaftet.