Chronik/Wien

Rücktritt des Bezirksvorstehers: "Symbolik ist eigenartig"

"Jetzt ist genau das passiert, was Thomas Blimlinger eigentlich vermeiden wollte", sagt Silvia Nossek, Bezirksvorsteherin des 18. Bezirks.

Nach 16 Jahren im Amt übergibt der grüne Blimlinger am 30. November überraschend sein Amt als Bezirksvorsteher von Wien-Neubau an Markus Reiter, Gründer und Geschäftsführer der Obdachloseneinrichtung Neunerhaus. Bekannt gemacht hat Blimlinger das am Mittwochvormittag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Denn schon am Dienstagabend hatte die Wiener Zeitung über den bevorstehenden Rücktritt berichtet.

Dass Blimlingers Rückzug ausgerechnet zwei Wochen vor der Nationalratswahl publik wird, war so nicht vorgesehen. Auch der scheidende Bezirkschef gab das am Mittwoch zu: "Es gibt sicher bessere Zeitpunkte für eine Übergabe." Nämlich nach der Wahl.

Dass es die Information dennoch in die Medien geschafft hat, ist eine von mehreren Pannen bei den Grünen: Nach dem überraschenden Rücktritt von Parteichefin Eva Glawischnig, dem Bruch mit den Jungen Grünen und der Abspaltung von Peter Pilz, verlieren die Grünen nun mitten im Wahlkampf ein wichtiges Zugpferd in Wien: Blimlinger war als Bezirkschef äußerst erfolgreich. Er wurde 2001 erster grüner Bezirksvorsteher in Wien und etablierte den Bezirk als grüne Hochburg.

Die personellen Wechsel analysiert Währings Bezirkschefin Nossek so: "Der Bundespräsidentschaftswahlkampf war eine unglaubliche Selbstdisziplinierungsleistung für uns. Danach war wieder Ruhe da, um genauer hinzuschauen, wo personelle Erneuerungen möglich und nötig sind. Dann war der Rücktritt Glawischnigs und dann kam uns die Nationalratswahl dazwischen."

Schiefe Optik

Dazu kommen die erst kürzlich bekannt gewordenen Querelen in der Wiener Partei: Wie berichtet, verlässt Claudia Smolik, seit 2010 Büroleiterin von Maria Vassilakou, das Team der Vizebürgermeisterin. Ebenso Patrik Volf, einer ihrer beiden langjährigen Pressesprecher. Im Gespräch mit dem KURIER bestätigt Smolik, dass ihr Abgang nicht freiwillig erfolgt ist. "Ja, das ist richtig. Ich bin seit zwei Wochen weg. Mehr will ich dazu nicht sagen."

Blimlinger betonte am Mittwoch, sein Rückzug habe weder etwas mit der "schweren Krankheit" zu tun, die er vor neun Jahren überstanden hat, noch mit den Streitereien in der Stadtpartei: "Ich bin im Jänner 60 geworden und denke, dass die Zeit reif ist für einen Generationenwechsel." Isabelle Uhl, stellvertretende Bezirksvorsteherin, bleibt. Sie will keinen Schuldigen in der Partei suchen und geht nicht davon aus, dass die Information zum Rücktritt gezielt hinausgespielt wurde. Viel eher habe sich jemand "verplappert".

Wie dem auch sei, Politikberater Thomas Hofer hält die " Symbolik, dass eine grüne Lichtgestalt zwei Wochen vor der Wahl geht", für eigenartig: "Zwei Wochen vor der Wahl sollte sich eine Partei eigentlich auf Inhalte konzentrieren", sagt Hofer. Dass Blimlingers Rücktritt früher als geplant öffentlich wurde, sei zwar "beileibe" nicht so schlimm, wie die Pannen davor, aber: "Das ist insofern relevant, weil man das Gefühl hat, da läuft etwas nicht rund bei den Grünen."