Chronik/Wien

Ringen um die Olympiabewerbung

Der Bürgermeister bekannte Farbe. „Wir nehmen die Bewerbung sehr ernst. Wenn uns die Wiener ihre Stimme geben, werden wir unsere ganze Kraft hineinlegen“, sagte Michael Häupl vergangene Woche. Damit gab er auch den Startschuss für die roten Genossen, Stimmung für das Projekt zu machen.

SP-Klubobmann Rudolf Schicker rechnete bereits die Bewerbungskosten vor: 80 bis 100 Millionen Euro, wobei die reine Bewerbung bis zu 40 Millionen ausmachen würde. „Allerdings brauchen wir auch Mittel für die Planung der Sportstätten, des olympischen Dorfes und der öffentlichen Verkehrsmittel“, sagt Schicker im KURIER-Gespräch. Dazu komme der Aufwand für Grundstückssicherungen. Er sehe Olympia als Chance, man habe auch mit der EURO hervorragende Erfahrungen gemacht. „Die Verlängerung der U2 wäre ohne die EURO nicht so schnell gegangen.“ Die Spiele würden auch städtebaulich viel bringen, glaubt Schicker: „Das olympische Dorf würde am ersten Tag nach den Spielen ausvermietet sein, da bin ich mir sicher.“

Misstrauen

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„Grundsätzlich ist eine Olympiabewerbung interessant“, sagte ÖVP-ChefManfred Juraczkain einer ersten Reaktion. Das große Aber folgte sogleich: „Die Stadtregierung ist nicht einmal imstande, ein städtisches Bad zu sanieren. Ich traue ihnen keine Olympiabewerbung zu“, sagt Juraczka zum KURIER.

Es werde wieder einmal undurchdacht vorgegangen. „Ein Beispiel: Bürgermeister Häupl schlug vor, Bratislava als Partnerstadt in die Bewerbung miteinzubeziehen – nur der Bürgermeister von Bratislava wusste nichts von Häupls Plänen.“ Die Olympiafrage sei nur ein Ablenkungsballon für die verfehlte Verkehrspolitik, und die 100 Millionen Euro seien wohl besser in die Sportstätten investiert.

Der grüne Regierungspartner hielt sich zunächst mit Empfehlungen zur Olympiafrage vornehm zurück. „Es gibt bei Olympia keine Empfehlung von den Grünen“, sagtMaria Vassilakouauch weiterhin. Um im gleichen Atemzug zu erklären, sie persönlich sehe darin aber eine große Chance für die Weiterentwicklung Wiens: „Ich stimme daher mit Ja!“.

Ihr olympisches Vorbild ist Barcelona. „Ein ganzes Stadtviertel hat dort ein neues Antlitz bekommen. Gebäude, die für die Spiele errichtet wurden, wurden weiter genutzt – als Wohnhäuser oder Schulen. Beides Dinge, die Wien dringend braucht.“

Zerreißprobe

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Die FPÖ ruft dagegen dazu auf, den Stimmzettel zu zerreißen und nicht abzustimmen. „Diese vier rot-grünen Wischiwaschi-Fragen dienen nur dazu, von den wahren Problemen der Wiener abzulenken“, kritisierteHeinz-Christian Strachein einer Aussendung. Die Olympia-Frage sei lächerlich, da es die Wiener SPÖ nicht einmal schaffe, das Stadthallenbad zu sanieren. „Mit den 100 Millionen, man für die Bewerbung verpulvert, könnte man in Wien vieles bewirken und etwa 1000 leistbare Gemeindewohnungen erreichten“, rechnet FP-KlubobmannJohann Gudenusvor.

Ein Ablenkungsmanöver ortet auch Michael Tscharnutter, Landesobmann des BZÖ. „Ich glaube, dass Wien wenig Chancen bei einer Olympiabewerbung hätte. Das Geld der Bewerbung wäre dann weg.“ Tscharnutter würde die 100 Millionen stattdessen dafür einsetzen, die desolaten Sportstätten in Wien zu sanieren: „Sowohl der Spitzensport als auch der Breitensport bräuchten einen derartigen Impuls.“