Regenrekord in Wien brachte Menschen in Lebensgefahr
Von Uwe Mauch
Humor ist, wenn man in Wien selbst in Momenten des persönlichen Unglücks gelassen analysiert:
"Eigentlich wollten wir mit Freunden zum Heurigen", erzählte der Autofahrer, während dessen SUV in der mit Wasser angefüllten Unterführung Mooslackengasse davonschwamm. "Dass wir jetzt so absaufen, hätte ich mir vor wenigen Minuten nicht gedacht.“
Regenwalze in Wien
Am späten Samstag Nachmittag hatte die Regenwalze auch die Bundeshauptstadt erreicht: "93 Liter auf den Quadratmeter in Wien Hohen Warte", postete nur wenig später der Meteorologe Manuel Oberhuber. Das wäre ein neuer August-Tagesrekord: "Noch nie in der 152-jährigen Messgeschichte wurden hier mehr als 76 Liter auf den Quadratmeter gemessen."
Laut ORF fielen in Wien-Döbling sogar 110 Liter pro Quadratmeter. Der Allzeitrekord liegt demzufolge bei 139 Litern im Mai 1885. Bilder in sozialen Medien zeigten auch die überflutete Bahn-Unterführung in der Gunoldstraße. Dort musste ein Lenker aus einem im Wasser stecken gebliebenen Auto gerettet werden.
Binnen weniger Minuten standen Straßen und Keller im Norden von Wien unter Wasser. Der Fahrer des buchstäblich abgesoffenen Wagens erzählte dem KURIER, dass die Wassermassen wie aus dem Nichts in die Unterführung strömten. In letzter Sekunde konnten sich seine Frau und er über das Fenster des Beifahrersitzes aus dem Wagen befreien.
Dazu kam eine Frau im Haltestellenbereich des Autobusses 10A zu Sturz und wurde in der abfallenden Straße vom Wasser davongetragen. Wie die Berufsfeuerwehr Wien berichtete, wurde sie in einen in der Haltestelle stehenden Bus gedrückt und konnte selbstständig nicht mehr herauskommen. Passanten hätten den Lenker auf die Frau aufmerksam gemacht, woraufhin die Einsatzkräfte gerufen wurden. Die Frau wurde von der Berufsrettung versorgt und in kritischem Zustand in eine Klinik gebracht.
Haushalte ohne Strom
Im 9. Bezirk waren kurzfristig 1.400 Haushalte ohne Strom, im 19. Bezirk weitere 800 Haushalte. Zu Zugausfällen kam es laut Wiener Linien "witterungsbedingt" auf den Linien U1, U2, U3 und U6. Auch die durch den Nordwesten Wiens führende Schnellbahnlinie S45 fuhr eine Zeitlang nicht, weil Gleise überflutet waren.
Zudem konnten die Züge am Samstagnachmittag den für Verbindungen in das nördliche Umland bedeutenden Franz-Josefs-Bahnhof in Wien-Alsergrund nicht mehr anfahren. Weil ein Stellwerk ausgefallen war, fuhren die Züge nur ab Klosterneuburg oder bis dorthin. Auch zwei Straßenbahnlinien waren in Wien-Währing unterbrochen, weil ein Ast auf die Oberleitung gefallen war.
Stillstand am Flughafen
Das Unwetter brachte auch den Verkehr am Flughafen Wien-Schwechat zeitweise zum Stillstand, wie das ORF-Fernsehen am Abend berichtete. Die Abflug- und Ankunft-Tafel des Flughafens zeigte am späten Abend teils stundenlange Verspätungen. Laut der spezialisierten Seite Flightradar24.com waren 39 Flüge mit durchschnittlich 70 Minuten verspätet, ein Flug sei abgesagt worden.
Die Feuerwehr hatte durch den Starkregen alle Hände voll zu tun. Auch auf dem Stephansplatz. Am Stephansdom hatte sich ein Teil des riesigen und schweren Baustellen-Transparents gelöst. Insgesamt kam es bis in die Abendstunden zu mehr als 220 Unwettereinsätzen der Wiener Berufsfeuerwehr.
Das Stadtgebiet war von dem Unwetter äußerst ungleich betroffen: So wurden bei der Wetterstation Unterlaa in Wien-Favoriten lediglich 0,3 Liter Niederschlag gemessen
Der plötzlich einsetzende Starkregen wurden auch dem Medizinstudenten Matthias im Haus an der Unterführung in der Mooslackengasse fast zum Verhängnis. Er trainierte im Keller, als eine Tür aufsprang ihm das Wasser in der Sekunde bis zum Hals stand und er gerade noch die Flucht aus dem Keller schaffte.
Gute Nachricht aus der Mooslackengasse gegen 18.30 Uhr: Da traf die Feuerwehr ein, um den schwimmenden Wagen aus der Bahnunterführung zu ziehen. Was auch mit vereinten Kräften gelang.
Kurz zusammengefasst:
- Am späten Samstagnachmittag erreichten schwere Regenfälle die österreichische Bundeshauptstadt.
- Innerhalb weniger Minuten standen Keller und Straßen unter Wasser.