Chronik/Wien

Rammstein-Konzert: Geröstete Keyboarder im und Demos vorm Stadion

Eines gleich vorweg: Die skandalumwitterte „Row Zero“, die gab es im Ernst-Happel-Stadion beim ersten von zwei Rammstein-Konzerten in Wien definitiv nicht. Die „Reihe null“ – ein abgesonderter Bereich, in den die Band systematisch junge Frauen geladen haben soll –, ist in den vergangenen Wochen zum Sinnbild für die Vorwürfe sexualisierter Gewalt geworden, die gegen Frontmann Till Lindemann erhoben werden. 

Was es aber gab, war eine für Rammstein übliche fulminante Bühnenshow. Bei „Puppe“ regneten schwarze Papierschnitzel übers Stadion, bei „Mein Teil“ wurde Keyboarder Flake im Kochtopf „geröstet“. Die ganz große  Feuerwerksshow wurde bei „Du hast“ gezündet.

Nur die Penis-Kanone,  mit der Lindemann üblicherweise Schaum ins Publikum spritzt, schaffte es nicht auf die Bühne. 

Beide Konzerte sind mit rund 55.000 erwarteten Fans ausverkauft, dementsprechend groß war ab dem Nachmittag der Zustrom zum Ernst-Happel-Stadion.  Die  im Vorfeld angekündigte Protestaktion gegen die Veranstaltung  zu lokalisieren, gestaltete sich vor Ort im Fangewusel demgegenüber eher schwierig.

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Rund 500-1.000 Aktivisten fanden sich nach und nach ein, ganz ähnlich wie zuletzt bei den Protesten vor den Konzerten der Band im heimatlichen  Deutschland.   Die Botschaft der wenigen Demonstranten – darunter Schriftstellerin Stefanie Sargnagel und Klimaaktivistin Lena Schilling  – war hingegen umso klarer.„Es kann nicht sein, dass Opfer nicht ernst genommen werden“, sagte Philine Dressler von #aufstehen – die Initiative, die die Demo organisierte – zum KURIER.  

Pointierte Anmerkungen

Schriftstellerin Sargnagel formulierte gewohnt pointiert: „Ich würde mit Lindemann gar nicht sprechen – aber ihm erst einmal das Koks wegnehmen.“ Weshalb sie sich dem Protest angeschlossen hat? „Ich glaube, dass viele junge Frauen, die heute  im Stadion sind, auch Gewalt erfahren haben, sich aber nicht trauen zu sprechen. Wir sind hier, um sie zu unterstützen.“  

Ein Mann , der seinen Oberkörper vor der -Demo-Bühne entblößte,  wurde umgehend von der Polizei des Platzes verwiesen. 

In Bierlaune

Im Inneren herrschte durchgehend gute Laune, offensichtlich auch bierbedingt. Die Besucher waren vor allem Männer jenseits der 30, aber auch junge Frauen. Die Schlangen vor den Ständen mit Fan-Artikel waren ungewöhnlich lang.

Umstrittene T-Shirts

Da wäre etwa jene junge Frau, die für den Abend ein T-Shirt der Band mit der Aufschrift „Pussy“ als Outfit gewählt hat – ausgerechnet jenes Shirt also, das im Vorfeld bereits für Aufregung gesorgt hatte. „Ich glaube nicht, dass das wirklich passiert ist“, sagte sie mit Blick auf die Vorwürfe, dass junge Frauen mithilfe von K.-o.-Tropfen oder Alkohol betäubt worden und zu sexuellen Handlungen gezwungen worden seien.

Nachsatz: „Und wenn, dann ist Rammstein sicher nicht die einzige Band, bei der so was passiert.“

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Andere sprachen gar von einer „Hexenjagd“ gegen die Band und ihre Fans: „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll hat es immer gegeben“, sagte etwa jener Mann, der kurz zuvor noch oben ohne vor den Demonstranten seinen Unmut kundgetan hatte. „Ich bin da, weil ich die Band gerne höre.“

Sicherheitsgefühl

Wer sich im Konzert an jenem Abend doch nicht wohlfühlte, für den gab es jedenfalls sogenannte „Safe Spaces“, ein „Awareness Team“ sollte für zusätzliches Sicherheitsgefühl sorgen. Wer an der Bar das (fiktive) Getränk „Angelshot“ bestellte, erhielt automatisch Hilfe, ohne explizit darum bitten zu müssen. 

Dass die Band als Zugabe ihren Hit „Engel“ – inklusive der bekannten Refrainzeile „Gott weiß, ich will kein Engel sein“ – performen sollte, war da freilich nur Zufall. Diese spielten sie auf einer kleinen Bühne in der Mitte des Stadions. Danach ließen sich die Musiker in Schlauchbooten vom Publikum zurück zur Hauptbühne tragen.

Auf der Demo vor dem Stadion hörte man hingegen ganz andere Musik – etwa „Ich find dich scheiße“ von der einstigen deutschen  Girlgroup Tic Tac Toe.  
Auch dieser Titel spricht für sich selbst.