Prozess um Schießerei in Floridsdorf: Kein versuchter Mord
Die wilde Schießerei vom 7. Oktober 2023 in Wien-Floridsdorf, bei der drei Männer teilweise lebensgefährlich verletzt wurden, war kein mehrfacher versuchter Mord.
Das haben Geschworene am Montagabend am Landesgericht entschiede. Ein 54-jähriger Unternehmer und zwei seiner Söhne im Alter von 22 und 25 Jahren wurden jeweils wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung verurteilt. Der 22-Jährige erhielt sieben Jahre, der Vater fünf Jahre, der 25-Jährige drei Jahre teilbedingt.
Nicht rechtskräftig
Von den drei Jahren bekam der bisher Unbescholtene zwei Jahre unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Der dritte, nur am Rande beteiligte 29-jährige Sohn erhielt wegen Raufhandels fünf Monate bedingt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Verteidiger baten um Bedenkzeit, der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.
Die zu der Schießerei gerufenen Polizei war zunächst von einem Terror-Anschlag ausgegangen, weil mehrere angeschossene Männer in Blutlachen auf der Fahrbahn lagen.
Halsschlagader um einen Zentimeter verfehlt
Die Angeklagten hatten im Zug einer so genannten Aussprache vier Männer einer gegnerischen Familie mit zwei Schusswaffen und einem Messer niedergestreckt. Drei gegnerische Männer wurden lebensgefährlich verletzt. Ein vom jüngsten Angeklagten abgefeuertes Projektil verfehlte um einen Zentimeter die Hauptschlagader eines 28-Jährigen, danach schoss der Vater des 22-Jährigen dem Angeschossenen noch in den Oberschenkel und in den linken Oberarm, als dieser Haken schlagend flüchten wollte.
„Von einem Davonlaufenden geht keine Gefahr aus. Der ist besiegt. Dem muss man nicht noch zwei Mal nachschießen“, hatte der Staatsanwalt in seinem Schlussvortrag erklärt. Der 54-Jährige habe von einem der Gegner im Zug der eskalierenden Aussprache einen Schlag versetzt bekommen. „Geschossen hat er aus Rache. Der Schlag von einem sehr viel Jüngeren war ein Affront“, verwies der Staatsanwalt auf die nordmazedonischen Wurzeln der angeklagten Familie.
Ausgangspunkt des Ganzen war eine vorangegangene tätliche Auseinandersetzung zwischen dem 22-Jährigen und dem 28-Jährigen am Rande einer Kampfsportveranstaltung in der Wiener Stadthalle. Dort war es zwischen den beiden zu einer Schlägerei gekommen - offenbar deshalb, weil der 22-Jährige in ein Mädchen verliebt war, was deren Familie nicht goutierte.
Nach der Schlägerei, bei der der 22-Jährige - er betreibt seit mehreren Jahren Kampfsport und trainiert eigenen Angaben zufolge drei Mal wöchentlich - kräftig ausgeteilt hatte, wurde seitens der gegnerischen Familie eine so genannte Aussprache verlangt.
Wild-West-Szenen
Bei dem Treffen in der Floridusgasse kam es dann zu den inkriminierten Wild-West-Szenen, wobei die Verteidiger Rudolf Mayer und Manfred Arbacher-Stöger in ihren Schussvorträgen bekräftigten, die Aggression wäre nicht von den Angeklagten, sondern der anderen Seite ausgegangen. Die Gegner - drei Brüder im Alter von 24, 26 und 28 Jahren sowie ein 24-jähriger Verwandter - sollen mit Fäusten auf einen der Angeklagten losgegangen sein. „Es ist aus Angst vor dem Angriff zu dem allen gekommen“, bekräftigte Arbacher-Stöger die Verteidigungslinie, die in Richtung Notwehr ging. „Wir sind Galaxien von einem versuchten Mord entfernt“, meinte der Anwalt.
Nachdem der 25-jährige Angeklagte einem Kontrahenten ins Gesäß und in den Oberschenkel gestochen hatte, hatte der 22-Jährige mit einer Zastava-Pistole vier Schüsse auf drei Kontrahenten abgegeben. Nach dem 28-Jährigen schoss er auf den 26-Jährigen, den er ebenfalls im Rückenbereich sowie am Becken traf, und auf einen der beiden 24-Jährigen, der einen Beckendurchschuss erlitt.
"Bereue meine Tat"
„Natürlich bereue ich meine Tat“, hielt der 22-Jährige in seinem Schlusswort fest, ehe sich die Geschworenen zu ihren Beratungen zurückzogen. Er arbeite seit seinem 17. Lebensjahr und führe ein geregeltes Leben: „Ich habe Ziele. Ich bin Elektrotechniker. Mein Ziel war der Ingenieur. Ich hatte nie das Ziel, jemanden auf der Straße zu verletzen.“ Er versicherte noch ein letztes Mal, in Notwehr geschossen zu haben: „Ich wollte die Angriffe auf mich und meine Familie stoppen. Ich wollte nie jemanden töten.“
„Das, was ich gesagt habe, tut mir leid“, führte der 25 Jahre alte Angeklagte aus. Er betonte, er haber sich „in mein Leben sicher besser vorgestellt, als im Gefängnis zu sein“.
Der ältere Bruder und der Vater verzichteten auf ein Schlusswort und verwiesen auf die Feststellungen ihrer Verteidiger.
Der Staatsanwalt bestand beim Vater und zwei Söhnen auf einer Verurteilung wegen versuchten Mordes. Gegen den ältesten Sohn hatte er vor der heutigen Verhandlung die ursprüngliche Anklage revidiert und auf Beteiligung am Raufhandel einge