Chronik/Wien

Protokoll der Mauer-Posse

Mauer kann man die 80 Zentimeter hohen Betonblöcke vor dem Bundeskanzleramt (BKA) eigentlich kaum nennen, dennoch erregen sie seit Tagen die Gemüter. Den Bau wollte niemand beauftragt haben, dennoch wurde seit 17. Juli daran gearbeitet. Der KURIER gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Seit wann gibt es Pläne für Sicherheitsmaßnahmen auf dem Ballhausplatz?

Bereits 2014 wurde ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet. Das Innenministerium (BMI) präsentierte im März 2015 erstmals einen Plan; ursprünglich waren nur Poller zum Gebäudeschutz vorgesehen. Im Frühjahr 2015 wurden vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) laut Innenministerium Platzierung und Anforderung an Poller sowie sonstige Sicherheitsmaßnahmen wie Blumenträge oder Granitpoller erörtert. Die MA28 sagte eine Adaptierung des Projektplans zu.

Wann war von der Betonmauer Rede?

Im Mai 2015 waren noch Granitelemente geplant. Im Oktober 2016 war dann in Sitzungsprotokollen von Granitmauern in der Höhe von 60 Zentimetern die Rede. Anfang 2017 wurde überprüft, ob die Granitmauen den Anprallschutz gewährleisten können. Was sie nicht taten. Also wurden die Pläne geändert. Ab März waren Betonmauern mit 80 Zentimetern Höhe geplant. In dem Dokument "Technische Beschreibung und Kostenzusammenstellung" der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), das dem KURIER vorliegt, ist von fünf Mauer-Teilen mit jeweils acht Metern Länge die Rede.

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Wer hat die Mauer in Auftrag gegeben?

Im März unterzeichnete das BKA die Bauvereinbarung und übermittelte diese im Juni an die BIG. Niemand geringerer als BKA-Präsidialchefin Nicole Bayer bestätigte in einer eMail vom 29. Juni 2017, dass das BKA "die Kosten für die ’Mauer’ unter diesen Umständen übernehmen wird, da das BMI dies als eine unerlässliche Sicherheitsmaßnahme erachtet". Kanzleramtsminister Thomas Drodza (SPÖ) hatte am Donnerstag noch erklärt, auf Twitter von der Mauer erfahren zu haben und stoppte den Bau. Besonders kurios: Am 3. August schaute Bundeskanzler Christian Kern noch persönlich auf der Baustelle vorbei und verteilte Getränke an die Arbeiter. Für eine Stellungnahme war am Freitag im BKA niemand erreichbar. Für eine Stellungnahme war niemand erreichbar.

Auch das BMI brachte sich laufend in die Gespräche ein: Als im Herbst 2016 das Magistrat für Stadtteilplanung und Flächennutzung (MA21) die – damals noch vorgesehene 60 Zentimeter hohe Granitmauer – kleiner haben wollte, bestand das BMI laut dem KURIER vorliegenden Aktenvermerk auf die geplanten Dimensionen.

Wer war an den Sitzungen beteiligt? Generell gilt, dass bei den Sitzungen zur Gebäudesicherung bis zu 50 verschiedene Stellen anwesend waren. Vertreter verschiedener Magistratsabteilungen der Stadt, von Firmen, Kammern, der Bundesimmobiliengesellschaft, des Innenministeriums und des Bundeskanzleramts saßen an einem Tisch.

Wer trägt die Kosten?

Die Gesamterrichtungskosten für Sicherheitsmaßnahmen und Umbauten vor dem Bundeskanzleramt wurden mit 422.612 Euro angegeben. Der Bau-Konzern Porr hat die öffentliche Auftragsausschreibung für den "Straßenbauauftrag" der Magistratsabteilung 28 Straßenverwaltung und Straßenbau im Juni 2017 zu einem Fixpreis gewonnen. "Wir haben den Bau der Mauer vorübergehend eingestellt und warten, bis wir von unserem Auftraggeber über die weitere Vorgehensweise informiert werden", teilt der Baukonzern dem KURIER mit. "Für uns wird der Baustopp keine wirtschaftlichen Nachteile nach sich ziehen, da unsere Verträge genau regeln, wie in derartigen Fällen vorzugehen ist." Das heißt: Die Porr geht davon aus, dass die offenen Rechnungen durch die MA28 bezahlt werden.

Wie geht es mit der Baustelle weiter?

Die Straßensanierung wird wie geplant durchgeführt, lediglich der Bau der Mauer ist vorerst gestoppt. Laut der Magistratsdirektion laufen Verhandlungen, welche Varianten zur Objektsicherung stattdessen durchgeführt werden. Welche Kosten hier zusätzlich anfallen, sei noch nicht abzuschätzen.

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