Chronik/Wien

Polizist am Keplerplatz mit Messer angegriffen: 20 Jahre Haft

Es hat einen Grund, warum an diesem Tag ein Videobus der Polizei am Keplerplatz in Wien-Favoriten postiert war: Die Gegend gilt als Hotspot. 

In den vergangenen Monaten häuften sich die Meldungen, speziell von Messer-Übergriffen.

Was am 24. Mai geschah, ist deshalb ganz genau dokumentiert: Ein 24-jähriger Polizist war gerade mit einer Amtshandlung beschäftigt. Ein alkoholisierter Mann hatte angefangen herumzuschreien. Der Polizist stand mit dem Mann etwas abseits, nahm seine Personalien auf. 

Plötzlich nähert sich von hinten ein anderer Mann, er holt mit seinem Arm aus, verpasst dem Polizisten einen wuchtigen Stich. Der Beamte hüpft reflexartig zur Seite. "Ich habe einen harten Schlag gegen die rechte Brust gespürt", sagt er später aus. Er schrie: "Messer! Messer!" Was er zu dem Zeitpunkt nicht wusste: Der angebliche Schlag war eine Messerattacke, doch die Schutzweste verhinderte Schlimmeres.

Blick zu Boden

Der angeklagte 41-Jährige will diese Aufnahmen bei seinem Prozess im Landesgericht für Strafsachen in Wien nicht sehen. Als das Video abgespielt wird, blickt er nach unten auf den Boden.

Er wurde Sekunden nach dem Vorfall von anderen Polizisten mit dem Taser zu Boden gebracht. Da hielt er noch immer das Messer mit rund 20 Zentimeter Klingenlänge in der Hand - von der Wucht des Stichs war es verbogen.

Der Mann ist nun wegen Mordversuchs angeklagt. "Ich wollte, dass sie (gemeint die Polizisten, Anm.) mich töten." Dass er beinahe zum Mörder wurde, habe er nicht gewollt. "Ich wusste, dass er eine Stichschutzweste trägt."

Suicide by Cop

Er habe sich in einem Ausnahmezustand befunden, weil er kurz davor erfahren habe, unfruchtbar zu sein. Er habe Angst gehabt, seiner Frau davon zu erzählen. "Ich habe Geld abgehoben und bin mit dem Taxi von Ottakring nach Favoriten gefahren." 

Warum? "Ich wollte dort Drogen kaufen. Ich habe auf Tiktok gesehen, dass es dort Drogen gibt." Das Messer nahm er mit, weil er laut eigenen Angaben sterben wollte. Doch er führte es nicht gegen sich, sondern gegen einen wildfremden Polizisten. "Ich habe gedacht, dass ich dann erschossen werde. Oder für immer ins Gefängnis muss."

Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Polizist lebensgefährliche Verletzungen erlitten hätte, hätte er die Schutzweste nicht getragen. Er leidet (psychisch) noch immer an den Folgen des Angriffs, sein Anwalt fordert symbolische 5.000 Euro Schadenersatz. "Wenn ich das Geld hätte, würde ich es ihm geben", meint der Angeklagte. 

Freitag Nachmittag stand fest: Der Mann muss für 20 Jahre in Haft. Rechtskräftig.