Polizei wegen Eislutschers alarmiert
Von Bernhard Ichner
Dass Essen in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gern gesehen wird, ist allgemein bekannt (siehe Zusatzbericht). Die Maßnahme, die ein Busfahrer der Linie 239 ergriff, ist an Skurrilität aber kaum zu überbieten: Weil ein 12-jähriges Mädchen im Bus sein Eis aufessen wollte, löste der Chauffeur einen Polizeieinsatz aus. Mit Blaulicht rasten die Beamten zur Busstation, um dort dem gemeldeten „Randalierer“ Herr zu werden.
Der Vorfall ereignete sich vergangenen Freitag an der Busstation „Kahlenberger Dorf“: Als Heinrich G. und seine 12-jährige Tochter in den Bus 239 nach Heiligenstadt einsteigen wollten weigerte sich der Busfahrer, die Tür zu öffnen. Der Grund: das Mädchen hatte sich ein Cornetto gekauft und es noch nicht aufgegessen. Erst nach Intervention des Vaters ließ der Chauffeur die beiden unter heftigem Protest zusteigen.
Weiterfahrt verweigert
Allerdings nicht, um die Fahrt fortzusetzen. Es gehe nur ohne das Eis weiter, beharrte der Buslenker.
Auch, dass keiner der rund 30 anderen Fahrgäste Anstoß an der Eistüte der 12-Jährigen nahm, änderte seine Meinung nicht.
Rund 15 Minuten ließ er die Fahrgäste auf die Weiterfahrt warten. So lange dauerte es nämlich, bis eine Funkstreife mit Blaulicht an der Busstation hielt. Den Beamten war „eine randalierende Person“ gemeldet worden.
Als die beiden Polizisten vor Ort den Grund der Alarmierung erkannten, schüttelten sie allerdings den Kopf. Es habe „keinen Grund für ein Einschreiten“ gegeben, heißt es von Seite der Exekutive.
Es war nicht das erste Mal, dass der betreffende Busfahrer gegenüber essenden Fahrgästen hart durchgegriffen hatte. Bereits in der Vergangenheit soll der Mann Schulkinder gezwungen haben, ihre Eistüten an der Bushaltestelle wegzuwerfen, damit sie einsteigen dürfen. Wer ihn deshalb zur Rede stellte, soll von ihm wüst beschimpft worden sein.
Konsequenzen
Das kam auch seinem Arbeitgeber zu Ohren. Der Fahrer habe „einen gewissen Hang zur Fahrgast-Unfreundlichkeit“, heißt es beim Autobus-Unternehmen Dr. Richard auf KURIER-Anfrage. Das Benehmen des Mitarbeiters sei völlig inakzeptabel.
In der Vergangenheit habe man nach Fahrgast-Beschwerden bereits das Gespräch mit dem aufbrausenden Herrn gesucht. Nach dem letzten Vorfall vergangenen Freitag seien jedoch umgehend „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ gezogen worden.
So etwas werde in Zukunft sicher nicht mehr vorkommen, versichert Betriebsleiter Bernhard Weber.
Essen ist in den Wiener Öffis zwar nicht verboten; gern gesehen wird es aber auch nicht. Unter dem Motto „Rücksicht hat Vorrang“ setzen die Wiener Linien deshalb auf Bewusstseinsbildung und appellieren an die Eigenverantwortung der Fahrgäste.
Insbesondere Speisen, deren Geruch andere Passagiere stören könnte, sollten nur außerhalb von U-Bahn, Bus und Bim verzehrt werden. Als Beispiele nennt eine Unternehmenssprecherin Kebab, Pizza, Hot Dog oder heißen Leberkäse.
Beschwert sich ein Fahrgast über einen essenden Mit-Passagier, kann der Straßenbahn- oder Busfahrer den Störer auffordern, das Fahrzeug zu verlassen – oder gar nicht erst einzusteigen.
In den anderen Bundesländern ist Essen und Trinken in Öffis dagegen zum Teil dezidiert verboten – wie etwa in den Salzburger Lokalbahnen. Auch dort können Fahrer zuwiderhandelnde Passagiere des Fahrzeugs verweisen.