Chronik/Wien

Hacker: Wiener ÖVP-Chef Mahrer soll sich nützlich machen

Ist es in Ordnung, wegen eines auf einer Bank schlafenden Mannes die Polizei zu rufen, anstatt ihn erst einmal anzusprechen, die Rettung zu rufen oder ihn auch einfach nur schlafen zu lassen? Und ist es in Ordnung, sich ohne Wissen des Mannes - der ja schläft und gar nichts mitbekommt - bei diesem Anruf filmen zu lassen, um daraus politisches Kapital zu schlagen?

An diesen Fragen entzündete sich Donnerstagabend eine heiße politische Debatte, nachdem öffentlich wurde, dass der nicht-amtsführende ÖVP-Stadtrat Karl Mahrer am Donnerstagnachmittag in der Mariahilfer Straße genau das getan hatte - der KURIER berichtete.

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Öffentlich gemacht wurde die Aktion von Silvio Heinze auf Twitter. Heinze, grüner Bezirksrat in Neubau, war gerade mit den beiden Bezirksvorstehern Markus Reiter (Grüne, Neubau) und Markus Rumelhart (SPÖ, Mariahilf) in der Mariahilfer Straße unterwegs - pikanterweise, um unter anderem darüber zu sprechen, welche Lösungen man für von sozialen Härten betroffene Menschen finden könne.

Einladung zur Sozialarbeit

Reiter, Mitbegründer und langjähriger Geschäftsführer der Obdachlosen-Hilfsorganisation "Neunerhaus", zeigte sich auf KURIER-Nachfrage betroffen von Mahrers "unredlichem" Verhalten, die Skandalisierung von Armut helfe niemandem. Stattdessen lade er ihn "gerne ein, sich die Arbeit der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter anzusehen", so Reiter.

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Eine Einladung, die am Freitag auch von sozialdemokratischer Seite ausgesprochen wurde. Sozialstadtrat Peter Hacker empfahl Mahrer, sich noch intensiver mit den Problemen wohnungsloser Menschen zu beschäftigen und sich "gleich nützlich" zu machen. Er lud den Wiener ÖVP-Chef ein, einen Tag lang in einer entsprechenden Betreuungseinrichtung ehrenamtlich tätig zu sein. "Das hilft sicher mehr, als die Polizei mit einem Mittagsschlaf zu beschäftigen", vermutete Hacker gegenüber der APA.

Gemeinsam mit Reiter besuchte Hacker zu Mittag demonstrativ das Tageszentrum „Obdach aXXept“ in Mariahilf. „Mit dem Besuch wollen wir Solidarität mit jenen Menschen zeigen, die oftmals in tiefster Not Unterstützung suchen“, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wolle man danken, hieß es in einer Aussendung.

Hilfsangebote der Stadt

"Danke an das große Engagement von Herrn Mahrer in diesem Zusammenhang. Gerade er muss aber wissen, wie es um die Ressourcen der Polizei in Wien bestellt ist", hielt auch der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner, fest. Mahrer war vor seinem Wechsel in die Politik hochrangiger Beamter in der Landespolizeidirektion Wien.

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Der ob seiner Aktion scharf kritisierte Mahrer legte am Freitag hingegen in einer Aussendung nach. Das zunehmende Problem mit Wohnsitzlosen, die "meist aus anderen EU-Staaten" auf die Mariahilfer Straße kämen, um dort "zu campieren und zu trinken", sei bekannt; die Sozialhilfe habe "hier vollkommen versagt".

Davon habe er sich am Donnerstag ein Bild gemacht, denn "im Gegensatz zu den Linken, allen voran den Bezirksvorstehern des 6. und 7. Bezirks", akzeptiere er diese Entwicklungen nicht.

Unterlassene Hilfeleistung?

Weiters kritisierte Mahrer, dass ihm "de facto" unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen werde. ÖVP-Landesgeschäftsführer Peter Sverak hatte Bezirksrat Heinze, der die Geschichte ursprünglich öffentlich gemacht hatte, am Donnerstag auf Twitter darum bereits mit rechtlichen Schritten wegen Verleumdung gedroht.

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Der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung wurde von Heinze freilich zu keinem Zeitpunkt erhoben. Im Gegenzug handelte sich Sverak mehrere Hinweise darauf ein, sich angesichts des Filmens eines Schlafenden zu PR-Zwecken über die Rechtslage zum "Recht am eigenen Bild" zu informieren.

FPÖ will Bänke entfernen

Inhaltliche Unterstützung für die Türkisen kam von der FPÖ. Die "linke Sozialromantik" des Bezirksvorstehers und der Stadtregierung lasse die "einst florierende Einkaufsmeile Mariahilfer Straße und den einst bürgerlichen Bezirk Mariahilf zu einem sozialen Brennpunkt verkommen", verlautete der Bezirksparteiobmann Leo Kohlbauer in einer Aussendung.

Die Sozialeinrichtungen im Bezirk sowie "großzügige konsumfreie Zonen" würden "Randgruppen nicht nur aus dem Wiener Umland, sondern auch aus dem benachbarten Ausland nach Mariahilf" locken. Kohlbauers Forderung: die Bänke zu entfernen und die Sozialeinrichtungen abzusiedeln. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter seien "bestenfalls zusätzliche Voyeure, die auf Kosten der Allgemeinheit die unappetitliche Szene ergänzen".