Chronik/Wien

Frauenmord in Wien: Massive Kritik an Polizeiermittlungen

Eine 60-jährige Frau ist am Dienstag tot in ihrem Kellerabteil in Wien-Brigittenau entdeckt worden. Nun liegt auch das Obduktionsergebnis vor: „Tod durch Ersticken“, berichtete Polizeisprecher Markus Dittrich. „Das heißt, ein Fremdverschulden liegt vor. Dementsprechend werden die Ermittlungen weitergeführt.“ Nach dem Lebensgefährten wird weiter gefahndet. Es wird vermutet, dass er sich ins Ausland abgesetzt hat, sein Auto wurde am Flughafen gefunden.

Der 64-jährigen Mann besitzt die kanadische und iranische Staatsbürgerschaft. Die 60-jährige Frau wurde von ihrer Tochter bereits am 21. November als vermisst gemeldet. Am gestrigen Dienstag durchsuchten schließlich Polizeibeamte mit einem Diensthund das Wohnhaus der Frau. Der Hund führte die Ermittler zu der leblosen Frau, die im Keller unter Gegenständen vergraben lag.

Da nun feststeht, dass die 60-Jährige ermordet wurde, ist ein weiterer Femizid zu beklagen. Laut einer Aufzählung der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser sind damit in Österreich bereits 30 Frauen von ihren (Ex-)Partnern in diesem Jahr getötet worden.

Die Kinder der Verstorbenen üben jetzt im Standard heftige Kritik an der Polizei. Schon am 19. November sei der Kontakt zur Mutter abgebrochen. Zwei Tage später erstatteten sie eine Vermisstenanzeige. Trotz mehrmaliger Hinweise, dass es sich um ein Tötungsdelikt handeln könnte, habe die Polizei "nur an der Wohnungstür der Frau geklopft". Im Keller wurde keine Nachschau gehalten.

Eifersucht

Auch eine Freundin der Mutter bestärkte den Verdacht, dass es sich um ein Gewaltverbrechen handeln könnte - der Lebensgefährte habe die Frau ständig kontrolliert, sei eifersüchtig gewesen.

Freunde der Familie waren es schließlich, die das Auto des Mannes am Flughafen gefunden hatten. Der Mann soll ein Flugticket in den Iran gebucht haben.

Und plötzlich bekamen mehrere Personen aus dem Bekanntenkreis seltsame Nachrichten von einer unbekannten Nummer: "Check the shortage, I'm sorry", stand darin. Vermutlich war "Storage" gemeint. Also: Lagerraum. Es könnte sich um eine Nachricht des verschwundenen Lebensgefährten gehandelt haben.

Akteneinsicht wurde den Kindern bis zuletzt verwehrt - schließlich gäbe es keine Leiche.

Bis zum Dienstag ...

Frau lag unter Reifen und Decken

Die Polizei bestätigt den Eingang der Abgängigkeitsanzeige. "Wir haben bei solchen Fällen ein klares Schema, das eingehalten wird", erklärt Polizeisprecher Markus Dittrich. Zudem seien diverse Abfragen getätigt und Telefonrückverfolgungen versucht worden. Allein: Sowohl das Handy der Frau als auch das des gesuchten Mannes waren abgedreht.

Man sei auch mit der Tochter der Ermordeten in der Wohnung gewesen. Doch da habe man nichts Verdächtiges finden können. Man sei damals auch beim Kellerabteil gewesen und haben hineingeschaut, betont Dittrich. "Aber die Frau war unter Autoreifen und Decken versteckt. Sie war nicht erkennbar."

Nach dem Verdächtigen wird international gefahndet.