"Oase des Kindes" könnte am Mittwoch zusperren
Von Bernhard Ichner
Eltern und Kindergarten-Personal sind verzweifelt. Zum Teil haben die Betroffenen ein Deja-vu – nachdem sie die "Alt Wien"-Pleite im vergangenen Sommer um Betreuungs- bzw. Arbeitsplatz brachte, stellt sie der Förderstopp für die acht "Oase des Kindes"-Standorte nun binnen weniger Monate erneut vor dasselbe Problem. Am Montag und am Dienstag sollen die Kindergärten noch geöffnet sein, ab Mittwoch dürfte aber Schluss sein. Für die Familien von rund 280 Kindern und für etwa 60 Mitarbeiter ein Fiasko.
Wie berichtet, stellte die MA10 die Zahlungen wegen "grober Täuschung" durch den Betreiber ein. Obmann Robert Wrabel hatte dem Amt nämlich vorsätzlich verschwiegen, dass er Geld für die Übernahme acht ehemaliger "Alt Wien"-Standorte (bzw. von zehn Kindergärten) – rund 700.000 Euro – ausgerechnet von Hassan Mousa bekommen hatte.
Der mittlerweile in U-Haft genommene Obmann der arabischen Kultusgemeinde hatte vor ihm einen Kindergarten (samt islamischem Bildungsinstitut) in der Floridsdorfer Weisselgasse betrieben. Das Problem ist bloß: Die Stadt strich Mousa bereits im April vorigen Jahres wegen Verdachts des Fördermissbrauchs die Subvention. Wrabel habe befürchtet, keine Fördermittel zu bekommen, wenn er seine Geldquelle von Beginn an nenne, sagt MA10-Chefin Eva Reznicek.
Deshalb fühle man sich getäuscht – was "der einzige Grund für die Kündigung des Fördervertrags" sei. Fördermissbrauch oder auch die verspätete Auszahlung von Gehältern lege man Wrabel dagegen nicht zur Last.
Verein wünscht sich Basisförderung
Der Obmann versucht nun den Spieß umzudrehen und macht die Stadt für den Status-quo verantwortlich. Die MA10 zeige keinerlei Kooperationsbereitschaft und suche nur einen Vorwand, privaten Kindergärten (zu Gunsten der städtischen) den Garaus zu machen, poltert er. Den Fördervertrag mit ihm habe die Behörde "ohne Einhaltung der Kündigungsfrist" aufgelöst und auch auf sein Angebot, den Vereinsvorstand auszutauschen, habe man im Rathaus nicht reagiert. "Die Leidtragenden sind die Kinder und die Mitarbeiter", kritisiert er die MA10.
Was das weitere Schicksal der "Oase"-Kindergärten betrifft, bleibt Wrabel unkonkret: Werde ihm eine Basisförderung für jedes Kind gewährt, könne man bei höheren Monatstarifen für die Eltern - der Vereinsobmann spricht von "100 bis 130 Euro pro Monat zusätzlich" - den Betrieb aufrechterhalten. Andernfalls müsse man die Kindergärten mit Mittwoch schließen und sie anderen privaten Trägern übergeben. Für ihn sei eine Insolvenz keine Option, erklärte Wrabel Freitagfrüh im Donaustädter Kindergarten Dückegasse vor verzagten Eltern und Mitarbeiterinnen.
Mousa gewährte Kredit
Auf die KURIER-Anfrage, warum er die finanzielle Abhängigkeit von Mousa nicht von Beginn an offenlegte, antwortet der Obmann: "Ein Kontakt in der MA11 hat mir dazu geraten - es hieß, ich solle Mousa besser nicht erwähnen, weil der nicht gut angeschrieben sei." Darum habe er vorsichtshalber nicht erwähnt, dass dieser die "Oase des Kindes" aus Wertpapierfonds beim Ankauf der Standorte unterstützte und zusätzlich einen Betriebsmittelkredit über 300.000 Euro zur Verfügung stellte. Insgesamt habe man 700.000 Euro von Mousa erhalten. Wie man diese zurückzuzahlen gedenkt, will Wrabel nicht verraten.
Den von der MA10 kommunizierten Verdacht, Mousa habe Geld vom Konto des "Oase"-Vereins angeblich für private Zwecke angezweigt, weist Wrabel zurück (und auch die MA10 verweist darauf, dass es Sache der Staatsanwaltschaft sei, dies zu klären). "Das kann ich ausschließen", sagt der Vereinsobmann. Von seinen Kindergärten sei überhaupt kein Geld an Mousa geflossen.
Mit einer Ausnahme: "Anstatt ihm die Miete für die Weisselgasse zu bezahlen, haben wir das Geld - 5000 Euro - seinem Anwalt übermittelt. Weil es schnell gehen musste. Das war ein Fehler." Mousa habe aber keinerlei Funktion im Verein sowie keinen Zugriff auf die Vereinsgelder und auch Geldfluss gebe es keinen mehr.
Eltern und Personal stehen hinter Vorstand
Eltern und Personal haben mehrheitlich kein Verständnis für den Förderstopp, sie fühlen sich von der MA10 im Stich gelassen. Die Qualität der pädagogischen Betreuung beschreiben empörte Mütter als sehr gut. Und auch das Arbeitsklima sei stets ein sehr gutes gewesen, berichtet etwa Daniela Heinisch aus Pinkafeld. Die 27-Jährige leitete früher den "Alt Wien"-Kindergarten in Ottakring und ist gerade im Begriff binnen eines halben Jahres zum zweiten Mal den Job zu verlieren.
Stadt hat Verein mehrmals geholfen
Seitens der MA10 zeigt man zwar Verständnis für die Empörung der Betroffenen und bietet unter der Info-Hotline 01/277 55 55 auch Alternativplätze in anderen Einrichtungen an. Dass dies kein befriedigender Ersatz ist und Standort-Wünsche nicht immer berücksichtigt werden können, gesteht Reznicek aber ein. Verursacher sei jedoch Wrabel selbst, betont sie. "Ihm wird weder ein Fördermissbrauch unterstellt, noch geht es um die verzögerten Gehaltszahlungen. Der Grund für den Förderstopp war einzig und allein, dass er Geld von Hassan Mousa - den wir angezeigt haben - bekommen und uns das verschwiegen hat."
Dass die Stadt private Kindergärten schädigen wolle, sei "an den Haaren herbeigezogen", kontert Reznicek. "Zum einen sind heuer mindestens 340 Millionen Euro an Förderungen für private Träger vorgesehen. Zum anderen haben wir gerade Herrn Wrabel massiv geholfen, weil wir die ,Alt Wien'-Standorte behalten wollten. Darum bekam er im November sogar eine Einmalzahlung für einen Standort und Ende Dezember eine weitere für alle zehn Kindergärten."
Eine Basisförderung, wie sie sich Wrabel vorstellt, gebe es längst nicht mehr. Zudem sei der Fördervertrag mit diesem Verein gekündigt worden. Ein Förderansuchen könne daher nur ein neuer Verein mit anderen handelnden Personen stellen, erklärt die MA10-Chefin. Mit Mittwoch dürfte die Oase daher Geschichte sein.