Chronik/Wien

Neue Strategie in Schönbrunn: Gib mir Tiernamen - oder lieber doch nicht?

Können Sie sich an die Mähnenrobbe „Comandante“ erinnern? Das 440-Kilo-Tier war der Star jeder Robbenfütterung im Tiergarten Schönbrunn; der Publikumsliebling musste 2021 eingeschläfert werden – er ist vielen noch immer ein Begriff. Auch das Giraffenmädchen „Amari“ und Pandababy „Fu-Long“ sind den Zoobesuchern namentlich bekannt. „Amari“ kam 2022 zur Welt und kämpfte um ihr Überleben, heute ist sie wohlauf. Bilder von „Fu-Long“, geboren 2007, gingen damals um die Welt. Mittlerweile ist der „Glückliche Drache“ von Wien nach China übersiedelt.

Die Beispiele zeigen, dass Namen mit den jeweiligen Tieren und deren Geschichte verbunden werden. Doch wie wichtig sind sie, um Bewusstsein für das Schicksal ihrer Art zu schaffen?

Tiergartendirektor Stephan Hering-Hagenbeck beschreitet nun einen im deutschsprachigen Raum neuen Weg: Er will die Namen der Zootiere nicht mehr offensiv kommunizieren.

Neue Strategie

Diese neue Strategie zeigte sich am Dienstag in einer Pressemeldung über ein Orang-Utan-Jungtier, das vor einem Monat in Schönbrunn geboren wurde. Man wisse nun, dass es ein Mädchen sei, so der Zoo – Name wurde aber keiner genannt.

Auf Nachfrage des KURIER hieß es, die Tierpfleger hätten sich auf „Nilah“ geeinigt: Das Wort stamme aus dem Indonesischen und bedeute „Erfolg“. Denn die Nachzucht sei ein toller Erfolg für den Erhalt der bedrohten Menschenaffen. Für die tägliche Arbeit der Tierpfleger seien Namen durchaus sinnvoll, in der Kommunikation nach außen wolle man aber künftig darauf verzichten.

Mehr dazu: Schönbrunner Orang-Utan-Jungtier ist ein Weibchen

Auf Nachfrage betont Hering-Hagenbeck, dass das Interesse am Thema Tier dadurch nicht sinken werde: „Alle großen NGOs im Bereich Artenschutz kommen ohne Tiernamen aus, um für den Erhalt von Arten zu emotionalisieren. Diesen Weg möchten wir nun auch beschreiten – unserer Hauptaufgabe nachgehend, dem Artenschutz.“

Mehr dazu: Keine Tiernamen mehr: Warum Tiergarten Schönbrunn Strategie ändert

"Emotionen gegenüber Entenküken"

Und er führt aus: „Emotionen haben wir auch einem Entenküken gegenüber, das keinen Namen hat.“ Die Namensgebung sei überhaupt nur bei manchen Tieren ein Thema: Bei Giraffen frage man nach einem Namen, bei einem Feuersalamander nicht. „Wir sollten Tiere aber nicht werten. Gerade der Feuersalamander bräuchte nämlich besonders unsere Emotionen und in Folge unseren Schutz, mitten im großen Amphibiensterben.“

Wie hält es das Haus des Meeres damit?

„Wir haben über 10.000 Tiere, nur manche von ihnen haben einen Namen. Meeresschildkröte Puppi gehört dazu“, sagt auch Michael Mitic. Der Direktor des Haus des Meeres in Wien legt sich aktuell nicht fest, ob sich sein Team dem Vorhaben Schönbrunns anschließen wird. „Wir werden das nach dem Sommer diskutieren.“

Seinem jüngsten Aufruf, für den Weißkopfsaki online einen aus fünf Namen auszuwählen, folgten rund 300 Affen-Fans. Das Jungtier heißt jetzt Quentin.