Neue Marktordnung: Widerstand(ler) am Naschmarkt
Von Julia Schrenk
„Wir Standler haben den Naschmarkt in die Höhe gebracht. Jetzt will ihn sich die Stadt zurückholen.“ Karl Kuczera ist verärgert. Und er ist nicht der einzige Marktbetreiber, dem es so geht. Am 1. Oktober soll die neue Marktordnung in Kraft treten. Die Stellungnahmefrist wurde bereits um zwei Wochen (bis 7. September, Anm.) verlängert. Bis dahin dürfte die Stadt noch einiges zu tun haben. Denn unter den Standlern rumort es – und zwar gewaltig.
Um ihrem Unmut Luft machen zu können, schlossen sich Geschäftsleute mehrerer Märkte zu einem Verein zusammen. Offiziell gegründet wird er am 3. September. Die Kritik richtet sich vor allem gegen zwei neue Regelungen – jene zu den Öffnungszeiten und jene zur Vergabe: Die neue Marktordnung sieht verpflichtende Kernöffnungszeiten und keine unbefristeten Verträge mehr vor.
Bei der Präsentation der neuen Marktordnung Mitte Juni verkündeten Stadträtin Ulli Sima ( SPÖ) und der Märktesprecher der Grünen, Rüdiger Maresch, dass in bestehende Verträge nicht eingegriffen werde. Neue Stände sollen allerdings für maximal 15 Jahre vergeben werden. Damit will man der „illegale Ablösen in Millionenhöhe“ Einhalt gebieten – vor allem am Naschmarkt, wo Marktstände begehrt sind.
„Enteignung“
Doch dort regt sich Widerstand. „Das kommt eine Enteignung gleich“, sagt Georg Mario Berber vom gleichnamigen Stand. Für diesen vergab die Stadt Anfang der 1990er-Jahre ein sogenanntes „Superädifikat“. Das heißt, der Stand selbst ist Eigentum von Berber, Grund und Boden gehören der Stadt Wien. „Damals hat die Gemeinde uns gebeten, die Stände herzurichten, weil die Gemeinde kein dafür Geld hatte“, sagt Berber. Im Gegenzug habe man ja eine „Wertanlage“, sei damals argumentiert worden.
Zwei Millionen Schilling habe er investiert. Würde er seinen Stand nun aber verkaufen wollen, drohe ihm ein enormer Wertverlust. „Die Frau Stadträtin kann gerne mein Superädifikat zurückkaufen – um den von der Bank geschätzten Wert meines Standes. Schreiben Sie rein, dass ich für ein Gespräch bereit bin“, sagt Berber.
Für seinen Vis-à-vis-Nachbarn am Naschmarkt, Obst- und Gemüsehändler Karl , sind die ab 1. Oktober die verpflichtenden neuen Öffnungszeiten problematisch. Künftig müssen Stände in den sogenannten Kernöffnungszeiten – von Montag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr – verpflichtend geöffnet haben. Die Regelung soll Leerstand und die Nutzung von Marktständen als illegale Lager unterbinden. Doch viele bringt das in Bedrängnis.
„Ich hab’ in der Früh viel Geschäft, am Abend nicht. Jetzt muss ich aber am Abend offen haben“, sagt Kuczera. Außerdem ist sein Geschäft seit 30 Jahren am Mittwoch geschlossen, auch das ist mit der neuen Marktordnung nicht mehr erlaubt.
Christian Pöhl vom gleichnamigen Delikatessenladen will der Stadträtin nichts über die Medien ausrichten, nur so viel: „Für Standler ist der Verkauf später einmal die Pensionsvorsorge.“ Er hofft auf ein baldiges Gespräch mit Sima. Ihr Büro war für keine Stellungnahme erreichbar.
Marktordnung "Neu"
13. Juni: Präsentation
Sima und Maresch verkündeten neue Gastro-Quoten (max. 40 Prozent pro Markt), neue Öffnungszeiten (abends länger) und neue Vergabe-Regeln (max. 15 Jahre nach Zulässigkeitsprüfung, beliebig oft wiederholbar).
1. Oktober: Verordnung in Kraft
Bis 7. September können Stellungnahmen zur neuen Marktordnung eingebracht werden.