Chronik/Wien

Sicherheitsoffensive in der Brigittenau

Der Jugendtreff "Base 20" beim Handelskai in der Brigittenau hatte am Mittwochnachmittag erstmals seit der Massenschlägerei vom vergangenen Wochenende wieder geöffnet. Wie berichtet, waren 50 Afghanen und Tschetschenen mit Holzlatten, Eisenstangen und Messern aufeinander losgegangen. Acht Burschen wurden verletzt, zwei schwebten sogar in Lebensgefahr.

Gestern ließen die Jugendarbeiter nur "bekannte Gesichter" hinein. Mit ihnen sollten die Vorfälle auch besprochen und aufgearbeitet werden. Dazu holte man sich Verstärkung von weiteren Jugendarbeitern. "Wir wissen nicht, was auf uns zukommt – wie viele Jugendliche am ersten Tag kommen und reden wollen", sagt Jugendzentren-Sprecherin Selina Englmayer.

Polizeistreifen

Zeitgleich fanden am Mittwoch Besprechungen statt, wie die Brennpunkte im 20. Bezirk künftig entschärft werden könnten. Wie berichtet, ging es bei der Schlägerei um wechselseitige Beleidigungen auf Facebook. Laut Polizei ist neben Revierkämpfen auch die Drogenkriminalität ein Problem. Darauf werde künftig mehr geschaut, kündigt Bezirksvorsteher Hannes Derfler (SPÖ) nach einem zweistündigen Gespräch mit der Exekutive an. "Mir wurde zugesichert, dass es mehr Streifen der Bereitschaftseinheit im Bereich der U-Bahn-Station Handelskai geben wird", zeigt sich Derfler im KURIER-Gespräch zufrieden.

Möglichkeiten, Konflikte zwischen den Gruppierungen zu lösen, suchte der Bezirksvorsteher auch gemeinsam mit Adam Bisaev, dem Gründer des Vereins "Toleranz".

Respekt durch Sport

Der gebürtige Tschetschene und ehemalige Diplomat betreibt seit zwölf Jahren ein Zentrum für Bildung und Sport. Dort gibt es neben Sprachunterricht auch Kurse in "Latardo", einem Kampfsport den der 50-Jährige selbst kreiert hat. "Wir haben nicht nur tschetschenische Jugendliche, sondern verschiedene Nationalitäten hier. Über den Sport lernt man Disziplin und Respekt voreinander zu haben. Es geht nicht ums Gewinnen, sondern darum, sich anzustrengen", sagt Bisaev.

Natürlich hätten viele der Burschen ein Trauma, weil die Eltern vom Krieg erzählen oder sie Familienmitglieder verloren haben. Deshalb spricht sich Bisaev dafür aus, Sozialarbeiter in Österreich mehr mit Tradition und Hintergründen der Tschetschenen vertraut zu machen. "Wenn ein Bub ein Mädchen verteidigen will, denken viele Österreicher sein Verhalten ist aggressiv. In Tschetschenien ist das aber normal", erklärt Bisaev. In den nächsten Wochen wird er bei Touren von Sozialarbeitern durch die Milleniumcity dabei sein, um zwischen Jugendgruppen zu vermitteln.