Chronik/Wien

Schräge Debatten in der Flaniermeile

Täglich mehr Menschen flanieren auf Wiens neuester Fußgängerzone, dennoch hat Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou die Debatten um ihr Prestigeprojekt Mariahilfer Straße längst noch nicht ausgestanden. Aktuell kreist sie um 160 Hand- und Fußabdrücke von Sportstars in grauen Bodenplatten: Im Zuge des Umbaus der Einkaufsmeile verschwindet die "Straße der Sieger", auf der Idole wie Franz Klammer verewigt sind.

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Dass man auf diesen Walk of Fame bei der Planung der Neugestaltung schlichtweg vergessen habe, bestreitet man bei der MA 28 (Straßenbau). "Das Konzept sieht einen einheitlichen Bodenbelag vor", sagt ein Sprecher. Hinzu kommt: Im Winter bildete sich oft Eis in den Vertiefungen – eine Stolperfalle für Fußgänger.

Deshalb wandte sich die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) an das Generali Center, den Besitzer der Platten. Im gegenseitigen Einvernehmen, wie es heißt, wurde der Gestaltungsvertrag aufgelöst, die Generali begann mit der Demontage auf eigene Kosten.

Dabei hätte die Straße der Sieger nicht zwingend verschwinden müssen, wie das Beispiel "Steine der Erinnerung" zeigt: Diese Mahnmale für Holocaust-Opfer wurden – eingelassen in farblich passende Granitsteine – wieder in die Mariahilfer Straße eingebaut, heißt es bei der MA 28.

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Warum man sich bei der "Straße der Sieger" nicht auch auf eine solche Lösung geeinigt hat, will man seitens Generali nicht beantworten. Gemeinsam mit der Stadt suche man aber nach einem Ersatz-Standort. Übliche Verdächtige wie Baumeister Richard Lugner haben sich bereits gemeldet.

Gummi und Gefälle

Nicht die einzige etwas schräge Diskussion: Während sich die einen über Kaugummis mokieren, die auf den wiederverwendeten Pflastersteinen kleben geblieben sind, stört andere das Quergefälle an manchen Abschnitten der Straße. Durch die einseitige Abschrägung (Pultprofil, siehe Grafik) soll das Regenwasser in Richtung Mariahilf abfließen. Einseitig ist das Gefälle deshalb, weil man den natürlichen Niveau-Unterschied zwischen Neubau und Mariahilf ausnutzte. Mit mehr als zwei Prozent ist er im Bereich der Zieglergasse besonders stark ausgeprägt. In anderen Abschnitten mit zu geringem natürlichen Gefälle hat man hingegen ein Dachprofil eingebaut: Die Straße hat dort in der Mitte einen Buckel, das Wasser fließt nach beiden Seiten ab.

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Wiens heißestes Pflaster im Praxistest

Kein gutes Haar an der Verkehrspolitik der Grünen lässt Christian Mucha. Hinter der derzeitigen Verkehrsführung durch den siebenten Bezirk vermutet der Extradienst-Herausgeber Kalkül. "Das ist eine vorsätzliche politische Ranküne, Anrainer und ortsansässige Unternehmer so lange zu tyrannisieren, bis sie entnervt das Handtuch werfen und absiedeln. Oder eben aufs Auto verzichten", poltert Mucha.

Was ihn derartig auf die Palme bringt, ist die für Verkehrsteilnehmer verwirrende Routenführung anlässlich des "Mahü"-Umbaus. In der Zieglergasse sei die Einbahnregelung bereits drei Mal geändert worden. Dass Hinweisschilder einmal gelten und ein andres Mal mit Plastiksäcken verhüllt werden, trage zur Übersichtlichkeit auch nicht eben bei.

Beim KURIER-Lokalaugenschein bestätigte sich Muchas Darstellung. An einer Kreuzung in der Lindengasse stehen ein Sackgassen-Schild sowie eine ,Einfahrt verboten‘-Tafel (mit einer Ausnahme für Anrainer). Dem widersprechend weist aber ein Hinweisschild einer Parkgarage den Kunden genau diesen Weg.

Und was Mucha darüber hinaus noch stört: "Es gibt noch immer keine der versprochenen Querungen."

Seit Freitag ist zumindest die Durchfahrtsmöglichkeit von der Schottenfeld- in die Webgasse wieder geöffnet.

Matthias Holzmüller von der MA28 erklärt, dass die Einbahnen dem Baufortschritt entsprechend geändert werden, um die Zufahrt zu den Parkgaragen zu ermöglichen.