Lobau: Polizei nimmt renitente Hundehalter ins Visier
Von Bernhard Ichner
Strafen von 21 bis 300 Euro drohen uneinsichtigen Hundehaltern in der Lobau. Denn wer sein Haustier im Nationalpark nicht an die Leine nimmt, riskiert ab sofort, der Polizei in die Arme zu laufen. In Kooperation mit dem Forstbetrieb der Stadt Wien (MA49) führt die Exekutive ab dem Frühjahr Schwerpunktkontrollen durch. Der KURIER begleitete Chefinspektor Helmut Kopic und sein Team bei einem dieser Einsätze.
Hintergrund der ungewöhnlichen Maßnahme ist der steigende Druck auf das Ökosystem im Nationalpark Donau-Auen. Da dieser direkt ans Siedlungsgebiet grenzt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht zu erreichen ist, nutzen pro Jahr rund 1,2 Millionen Menschen die 1500 Hektar große Obere Lobau als Naherholungsgebiet. Und nicht alle davon halten sich an die Regeln.
„Das Hauptproblem ist die Masse an Hundehaltern, die ihre Hunde frei laufen lassen. Davon haben wir täglich Hunderte“, erklärt Forstdirektor Andreas Januskovecz. Dadurch würden zum einen Wildtiere aufgeschreckt. Und zum anderen werde das subjektive Sicherheitsgefühl anderer Nationalparkbesucher beeinträchtigt.
Belastungen für das Ökosystem seien zudem Umweltsünder, die ihre Abfälle im Wald entsorgen, sowie Erholungsuchende, die „zwecks Adventure-Tour“ das Wegegebot absichtlich missachten. Das trifft mitunter sogar auf Mountainbiker zu. Die Präsenz der Polizei soll nun helfen, die Lobau zu entlasten.
Anzeigen werden teuer
„Es geht uns aber nicht primär darum, zu bestrafen. In erster Linie leisten wir Bewusstseinsarbeit“, erklärt Chefinspektor Helmut Kopic von der Polizeistation Langobardenstraße. Dafür suchen die Beamten das Gespräch mit Nationalpark-„Sündern“, machen auf die Regeln aufmerksam und verwarnen, wo es notwendig ist.
Die Autorität der Polizei wirke zwar meistens – aber eben nicht immer. Je nach Schwere des Vergehens sehe man sich deshalb auch öfters gezwungen, zu strafen. Im günstigsten Fall stellen die Beamten an Ort und Stelle ein Organmandat über 21 Euro aus. Sollte es jedoch zu einer Anzeige kommen, kostet das den Betroffenen bis zu 300 Euro.
Beim KURIER-Lokalaugenschein ertappen die Beamten zwei Spaziergänger, die ihre Hunde erst an die Leine nehmen, als sie die Polizisten näherkommen sehen. Den beiden Herren aus (NÖ) ist die Überraschung über die Kontrolle ins Gesicht geschrieben. Da sie sich aber einsichtig zeigen, belässt es die Exekutive in diesem Fall bei einer Verwarnung.
Bei der MA49 hofft man auf eine nachhaltige Wirkung der Polizeikontrollen. Wobei Januskovecz (Bild) klarstellt: „Natürlich sind die Wiener im Nationalpark herzlich willkommen. Aber da dieser nicht nur als Naherholungsgebiet dient, sondern auch ein Schutzgebiet für 800 Tier- und Pflanzenarten ist, appellieren wir an die Besucher: Bitte benehmt Euch!“
Wer den ökologischen Details im Wald auf den Grund gehen möchte, habe die Möglichkeit, an einer Exkursion teilzunehmen, betont der Forstdirektor.
Neue Naherholungsgebiete
Der Einsatz der Polizei ist aber nur ein Aspekt der Lobau-Entlastungsoffensive. Um die Besucherströme besser zu verteilen, werden auch zusätzliche Naherholungsgebiete erschlossen. Vor dem Hintergrund des stetigen Bevölkerungswachstums und der immensen Bautätigkeit insbesondere in Floridsdorf und der Donaustadt, müsse man hier vorausschauend agieren, erklärt Januskovecz.
Nördlich der Seestadt Aspern werde mit dem Norbert-Scheed-Wald deshalb ein 1000 Hektar großes Naherholungsgebiet bestehend aus Grünflächen und Spazierwegen geschaffen. Und südlich der Seestadt entsteht direkt an den Nationalpark anschließend auf 240 Hektar die „Neue Lobau“ (siehe Grafik). Zwischen landwirtschaftlichen Flächen und kleinen Wäldern werden hier mit Hilfe von EU-Fördermitteln auf Eigenflächen der Stadt sukzessive neue Wege für Spaziergänger, Jogger und Radfahrer angelegt.
Am unteren Ende der Kirschenallee wurde außerdem ein Rodelhügel für Kinder aufgeschüttet. Grüne Korridore sollen die Neue Lobau letztlich mit dem Norbert-Scheed-Wald verbinden.