Lehrer geben Gratis-Nachhilfe "Nicht genügend"
Von Elias Natmessnig
Die von der SPÖ eingeführte Gratis-Nachhilfe sorgt unter Wiener Lehrern für Aufruhr. Wie berichtet, werden ab Herbst Problemschüler in den Pflichtschulen besonders gefördert. 20 Millionen Euro will die Stadt dafür ausgeben. Gleichzeitig hat der Bund die Bezahlung von Zusatzstunden gestrichen. Das führt im ungünstigsten Fall dazu, dass an einigen Schulen sogar weniger Stunden als bisher zur Verfügung stehen.
Unter Lehrern ist das Nachhilfe-Paket umstritten. "Mir wurde eine Zusatzstunde am Vormittag gestrichen. Dafür soll ich jetzt am Nachmittag mir völlig fremden Kindern Nachhilfe-Unterricht geben", erzählt eine Lehrerin, die seit 35 Jahren im Dienst ist. Dazu komme, dass die Schule zwar um 12 Uhr ende, der Förderunterricht erst um 14 Uhr beginne. "Dazwischen darf ich mich still beschäftigen", sagt die Lehrerin.
In einer Halbtagsvolksschule wiederum wird der Nachhilfe-Unterricht am Vormittag durchgeführt – und dafür andere Förderungen gestrichen. "Ich verliere meine eigene Förderstunde, damit ich dann fremden Kindern die Nachhilfe geben kann", sagt eine Lehrerin. Wobei das keine Nachhilfe sei: "Das läuft auf eine Aufgabenhilfe hinaus."
Umverteilung
Lehrergewerkschafter Stephan Maresch bekommt derzeit viele Anrufe: "Es brodelt unter den Kollegen, keine Frage." Grundsätzlich sei es gut, dass die Stadt Geld in die Hand nehme. Die Umsetzung sei aber verbesserungswürdig. Denn jede Schule bekomme pro Klasse eine Nachhilfe-Förderstunde. Für weitere Nachhilfestunden für Problemschüler muss die Schule Bedarf anmelden.
Wenn eine Schule nun viele gute Schüler hat, verliert sie also Stunden, die etwa für Musikerziehung eingesetzt wurden. Schulen mit hohem Bedarf an Sprachförderungen gewinnen Stunden. "Nicht nur schlechte Schüler brauchen Förderung, sonderna auch gute", sagt Maresch.Für Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl sind diese Vorwürfe absurd. "Kein Lehrer kann ernst zu nehmend Kritik daran üben, dass Kinder eine zusätzliche Stunde bekommen", sagt Brandsteidl. Auch wenn diese am Nachmittag sei. "Es gibt offensichtlich Lehrer, die das nicht wollen", sagt Brandsteidl. "Aber Arbeiten am Nachmittag tut nicht weh."
Dass Schulen mit hohem Ausländeranteil mehr Stunden bekommen als etwa Schulen in den Nobelbezirken, sei legitim: "Es bekommen jene mehr Stunden, die es brauchen."