KURIER am Akademikerball: Walzer in Schwarz-Rot-Gold
Kleid und Frisur sitzen, die Blasenpflaster sind im Handtäschchen verstaut – die Ballnacht kann beginnen. Eigentlich. Geht man auf den Wiener Akademikerball, muss man jedoch mehr beachten als die Wahl des Outfits. Der KURIER sah sich das umstrittene Spektakel von innen an.
Ungewöhnlich gestaltet sich schon die Bestellung eines Taxis. "Haben Sie Ballkarten? Die müssen Sie nämlich der Polizei zeigen, sonst können wir nicht fahren", erklärt die Dame in der Taxizentrale. Um bis zur Ringstraße durchkommen zu können, kontrolliert die Polizei tatsächlich die Karten – gleich zwei Mal. Beim Einbiegen auf den Ring springt plötzlich ein junger Mann vor das Taxi und ruft lautstark "Alerta, Alerta Antifascista". Weil er sich weigert, den Weg freizumachen, ziehen ihn zwei Polizisten unsanft von der Fahrbahn. Die nächste Kontrolle auf dem Weg in die Hofburg beendet der Polizist mit den Worten: "Fenster zu und schnell durchfahren." Es folgt noch eine vierte Überprüfung, bis wir den Eingang endlich erreichen – um im Inneren der Hofburg gleich von der nächsten Kontrolle empfangen zu werden: Die Taschen werden durchleuchtet und jeder Besucher muss durch den Metalldetektor.
"Kein Krawall-Ball"
Die Eröffnungsreden an die "geschätzten Waffen- und Farbenbrüder" werden den Tageszeitungen gewidmet, "solange sie keine Fake News verbreiteten". Man sei keineswegs ein "Krawall-Ball", wie es Medien im Vorjahr geschrieben hätten. Tatsächlich würde die Zahl der Demonstranten von Jahr zu Jahr ab-, die der Ballbesucher dagegen zunehmen.
"Hofer, Hofer!", wird skandiert, als der dritte Nationalratspräsident seine Rede beendet. Und Vizebürgermeister Johann Gudenus meint scherzhaft: "Wir tanzen heute auch gern Linkswalzer."
Abgesehen davon verlief der Ball – wie jeder andere auch.
Schreckschüsse
Bei den Demos gegen den Ball kam es zu 97 Identitätsfeststellungen und 35 Verwaltungsanzeigen. Der Chef der "Identitären", Martin Sellner, behauptete, er habe sich gegen einen Angriff mehrerer Unbekannter "aus der linken Szene" schützen wollen – weshalb er in der U-Bahnstation Schottentor zwei Schüsse aus einer Pfefferspraypistole abfeuerte. Gegen ihn wurde ein Waffenverbot ausgesprochen.
In einer Straßenbahn der Linie 46 wurde im Bereich Auerpergstraße/Lerchenfelder Straße eine Rauchbombe in die Fahrerkabine geworfen, nachdem der Fahrer ausgestiegen war. Beteiligt waren drei vermummte Personen, verletzt wurde niemand.