Chronik/Wien

Kritik am „Verfall“ der ehemaligen Nußdorfer Brauerei

Das Dach der ehemaligen Nußdorfer Brauerei ist nur notdürftig abgedeckt, die offen stehenden Fenster gewähren einen Blick in eine heruntergekommene Toilette. An der Außenfassade des Gebäudes bricht die Mauer an manchen Stellen heraus.

Ein Zustand, der mit Denkmalschutz nichts zu tun hat, kritisiert Michael Jungwirth, Obmann des gemeinnützigen Vereins „Pro Heiligenstadt“. „Es ist unglaublich, dass der Projektbetreiber das Haus so verkommen lässt. Man kann sich vorstellen, wie der Starkregen der vergangenen Monate durch das ungeschützte Dach eindringen konnte“, so Jungwirth.

Aufgrund des „bewusst forcierten Verfalls“ wandte er sich im Namen des Vereins an die Baupolizei (MA 37).

Anzeige bei der Baupolizei

Nach der Anzeige führte die MA 37 eine Überprüfung durch und stellte fest, dass der Verputz des Gebäudes im Sockelbereich tatsächlich großflächig fehlte – was ein Baugebrechen darstellte. 

„Wir haben daher die Hausverwaltung aufgefordert, entsprechend ihrer Pflicht zur Instandhaltung des Gebäudes diesen Mangel zu beseitigen. Die Hausverwaltung hat zugesagt, dies so rasch wie möglich zu veranlassen“, sagt Gerhard Cech, Leiter der MA 37. 

Alle Inhalte anzeigen

Auch die Instandhaltung des Dachs gehöre zu den Pflichten der Eigentümer. Man werde daher die Hausverwaltung – als Vertreterin der Eigentümer – auffordern, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Der Eigentümer und Nutzer der Liegenschaft ist grundsätzlich auch für die Erhaltung zuständig, heißt es dazu aus dem Bundesdenkmalamt (BDA).

Neue Wohnanlage

Es handelt sich um ein Projekt der Firma Soravia, der Umbau des Gebäudes läuft unter dem Begriff „Schlosspark Freihof“. „Im Rahmen des Projekts wird das bestehende Gebäude aufwendig restauriert und revitalisiert und ist künftig Teil einer neu geschaffenen Wohnanlage“, heißt es vom Immobilienkonzern.

Kellergewölbe werden abgerissen

Im Zuge des Projekts sollen auch mehrere Neubauten geschaffen werden. „Die denkmalgeschützte Fassade bleibt im Vordergrund, Abrissarbeiten sind für Kellergewölbe geplant. Es handelt sich dabei um überschüttete Erdkeller, die teilweise nicht erhalten werden können“, betont man bei Soravia.

„Es werden keine denkmalgeschützten Trakte abgerissen, sondern für Wohnzwecke umgebaut und saniert. Neubauten sind hinter dem eingeschossigen Trakt an der Heiligenstädter Straße geplant, mit direkten Anbindungen an die Bestandsbauten“, heißt es vom Bundesdenkmalamt. Das Gebäude, auch als „Altenburger Freihof“ bezeichnet, besteht aus verschiedenen Trakten, die vom 15. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert reichen. Seit 2014 steht die ehemalige Brauerei unter Denkmalschutz.

Kostenpunkt: 100 Millionen Euro

Von einem bewussten Verfall wisse man im Bundesdenkmalamt nichts, werde aber „anlässlich der aktuellen Informationen auf die Einhaltung der Schutz- und Sicherungsmaßnahmen drängen“, betont Andrea Böhm vom BDA. Es seien laufend Sicherungsmaßnahmen durch den Eigentümer gesetzt worden, allerdings dauerte es im Laufe des Planungsverfahrens länger, bis der Bauwerber alle Bewilligungen erhalten habe und auch die Finanzierung des Projekts – etwa 100 Millionen Euro – gesichert gewesen sei.

„Soravia“ will die Kritik des bewussten Verfalls jedenfalls nicht gelten lassen. Man habe alle notwendigen Maßnahmen ergriffen, um das Gebäude vor äußeren Einflüssen zu schützen. Es sei jedoch zu beachten, dass das Gebäude durch die frühere Nutzung als Nussdorfer Brauerei bereits stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei - bevor das Haus unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der Baustart ist für das Projekt für spätestens im ersten Quartal 2025 geplant. Nach zwei Jahren sollen die Wohnungen fertig gestellt sein.