Chronik/Wien

Fünf große Ärgernisse 2013

Ob Fußgängerzonen mit Busverkehr, Olympiaträume oder Bürgeraufstand im Otto-Wagner-Spital – langweilig wurde den Wienern 2013 nicht gerade. Der KURIER hat die Top 5 Ärgernisse:

Platz 5 – Das AKH:

Der chronisch kranke Patient am Gürtel erholte sich auch 2013 nicht. Überfüllte Ambulanzen, Streit um Arbeitszeiten und Ärzteproteste gegen die Kürzung von Dienststellen brachten das AKH in die Schlagzeilen. Lichtblick: Bis 2015 soll das Kompetenz-Wirrwarr zwischen Bund und Stadt Wien gelöst werden. Ob das hilft, wird sich zeigen. Immerhin: Damit verschnupfte Kinder nicht die Ambulanz überfüllen, wurde ein Kinderärzte-Wochenenddienst eingerichtet.

Platz 4 – Steinhof:

Der Aufstand der Anrainer war nicht umsonst: Im November segnete die Stadt die neuen Pläne für die Bebauung des Ost-Areals im Otto-Wagner-Spital ab. Statt der ursprünglich geplanten 600 Wohnungen sollen nur noch 160 Wohnungen entstehen. Das Grundstück bleibt im Besitz der Stadt. Die Anrainer bleiben skeptisch: Sie fordern ein Gesamtkonzept.

Widerstand formiert sich auch in Döbling. In Neustift wurden gleich mehrere alte Winzerhäuser abgerissen. An ihrer Stelle sollen Neubauten entstehen, die nicht in das historische Ortsbild passen, befürchten die Anrainer.

Platz 3 – Asyl in der Votivkirche:

Kurz vor Weihnachten 2012 begann die dramatische Aktion, die Wien das ganze Jahr 2013 beschäftigte. Nach einer Demonstration für mehr Rechte besetzten 50 Flüchtlinge am 18. Dezember die Votivkirche. Mehr als 75 Tage sollten sie bei Minusgraden in der Kirche ausharren. Zwei Mal traten sie in den Hungerstreik, um für mehr Rechte zu demonstrieren. Zuletzt wollten sie nur noch bleiben dürfen. Am 3. März zogen sie dann in das Servitenkloster um, welches sie im Oktober ebenfalls verlassen mussten. Ein Teil der Gruppe wurde bereits in deren Heimat abgeschoben. Erst ein Flüchtling der Votivkirche erhielt bisher Asyl.

Platz 2 – Volksbefragung:

Es war dies einer der seltenen Erfolge der Wiener ÖVP: Die 89.000 Unterschriften, die die Stadtschwarzen für die Abhaltung einer Parkpickerl-Volksbefragung gesammelt hatten, konnten auch Bürgermeister Michael Häupl und seine Vize Maria Vassilakou nicht ignorieren. Sie legten den Bürgern dann im März eine Pickerl-Frage vor, die selbst Juristen nur schwer deuten konnten. Für hitzige Debatten sorgte die zweite Frage: Soll sich Wien für Olympia 2028 bewerben? 72 Prozent erteilten dem Projekt eine Absage.

Platz 1 – Mariahilfer Straße:

Diese Wahl fiel leicht. Nie zuvor war eine Straße so oft in den Schlagzeilen wie die Mariahilfer Straße. Beim Probebetrieb der Fußgängerzone im August fing der Ärger an. Erstes Problem: Die Fahrt mit dem Bus 13A durch die Fußgängerzone sei zu gefährlich, argumentierte der Betriebsrat der Buslenker. Es folgten wilde Verhandlungen um eine neue Route. Zehn verschiedene Varianten geisterten durch die Medien. Geworden ist es die elfte. Statt in der Fußgängerzone fährt der Bus nun durch enge Gassen und in der Begegnungszone – sehr zum Missfallen der dortigen Anrainer, die lautstark protestierten. Dagegen traten fehlende Querungen und rasende Radler in der Fußgängerzone fast in den Hintergrund. Die Mariahilfer Straße wird auch 2014 die Stadtpolitik auf Trab halten. Denn die nächste Volksbefragung ist bereits fix.

Der Aufsteiger: Michael Landau, Caritaspräsident

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Er navigierte souverän durch die heikle Causa Votivkirchen-Flüchtlinge. Sogar der Boulevard fraß der Wiener Caritas und ihrem Chef zeitweise aus der Hand. Daraufhin galt Landau nach Abtritt von Franz Küberl als Favorit auf den österreichweiten Chefposten – und wurde prompt bestellt.

Der Absteiger: Martin Blum, Radbeauftragter

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Just im Wiener Radjahr passierte dem obersten Radler Wiens ein folgenschwerer Rechenfehler. 250.000 Wiener radeln durch den Winter verkündete Blum via Aussendung vollmundig. Nach massiver Kritik musste Blum die Zahlen deutlich nach unten korrigieren.

Der Aussteiger: Wilhelm Marhold, KAV-Direktor

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Er steuerte knapp zehn Jahre lang den Dampfer Krankenanstaltenverbund durch stürmische Gewässer. Doch er verlor vor Eröffnung des neuen Flaggschiffs Krankenhaus Nord die Lust – und das, obwohl sein Vertrag bis 2018 gelaufen wäre. Nun wird über seine Nachfolge gestritten.

Der Umsteiger: Charly Hora, Bezirkschef in der Leopoldstadt

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Der langjährige Verkehrssprecher der Wiener SPÖ wurde mit Maria Vassilakou nie wirklich grün. Er zog sich daraufhin in die Leopoldstadt zurück und eröffnete dort mit Vassilakou einen Steg zur Donaupromenade.

Die Einsteigerin: Petra Jens, Fußgängerbeauftragte

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Seit 2013 hat Wien eine Fußgängerbeauftragte. Die ehemalige Kämpferin gegen Hundstrümmerln soll die Rechte der schwächsten Verkehrsteilnehmer stärken. An der Planung der neuen FuZo in der Maria­hilfer Straße war sie nicht beteiligt.

Die Aufdeckerin: Sigrid Pilz, Patientenanwältin

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Beim grünen Regierungseintritt wurde die Gesundheitssprecherin handzahm. Die Aufdeckerin des Lainzer Pflegeskandals hat nun eine neue Berufung als forsche Patientenanwältin gefunden. Schwarze Ärzte-Schafe zittern vor ihr.

Der Busfahrer: Leopold Wurm, 13A-Schutzheiliger

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Hat als einfacher Betriebsrat der Wiener Linien die gesamte Stadtregierung vor sich hergetrieben. Ergebnis: Der Problembus fährt nicht mehr durch die Fußgängerzone, dafür mit einem großen Umweg durch enge Gassen.

Die Zahl: 25 000 000

So viel soll die Neugestaltung der Mariahilfer Straße kosten. Zum Vergleich: Allein für Werbung gab Wien heuer 40 Millionen Euro aus, ein neues Regenwasserauffangbecken in Simmering kostete 30 Millionen Euro.

Das Zitat

„Ich mache doch keinen Fußgängerzonen-Tourismus.“


Michael Häupl zwei Wochen nach Einführung der umstrittenen Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße, auf die Frage ob er sich die Probleme schon vor Ort angesehen habe