Imam suspendiert, Kritiker sehen sich bestätigt
Nach dem KURIER-Bericht über die Involvierung des Imams bei den Kriegsspielen in einer Wiener Moschee gibt es nun Konsequenzen: Der Seelsorger wurde suspendiert. Im Vorfeld wollte sich dieser auf Anfrage nicht zu den „Kriegsspielen“ äußern, versuchte sich herauszureden und begann sich mit dem ehemaligen Obmann der Moscheevereins auf Türkisch zu unterhalten. „Sag doch einfach, dass du nicht dabei warst“, riet ihm dieser. Ein Video belegt das Gegenteil.
Für manche Nachbarn sind die Kriegsspiele in der Moschee keine Überraschung.
Elf Jahre Korrespondenz lagern in fünf prall gefüllten Ringordnern. Es sind Briefe, die von Krieg, Allah und Märtyrern handeln. Außerdem von Grillfesten, Parkplätzen und falschen Notausgängen. Seit mehr als elf Jahren brodelt es in der Brigittenauer Dammstraße. Warum genau, darüber gingen die Meinungen in der Vergangenheit weit auseinander. Der KURIER bezeichnete es einmal als „Nachbarschaftskonflikt“, begründet durch Angst vor Fremden, Lärm und Parkplatzmangel.
Diese Woche stellte sich heraus: Neben lauten Grillfesten und Freitagsgebeten samt großem Verkehrsaufkommen fanden hier Kriegsspiele mit uniformierten Volksschulkindern statt.
Genugtuung ist nicht das Wort, das Hannelore Schuster als erstes eingefallen ist, als sie nun gelesen hat, was sich im Haus schräg gegenüber abspielt. Hannelore Schuster ist Sprecherin der Bürgerinitiative Dammstraße, die seit elf Jahren im Verein mit der FPÖ gegen die Aktivitäten des Vereins Atib wettert. Zu Beginn ihres Engagements konnte sie auf ihrem Balkon stehen und hinüber zur Dammstraße blicken. Mittlerweile sitzt sie im Rollstuhl und sieht fast nichts mehr. „Aber das Hirn funktioniert“ und das Herz brennt.
Demos schon 2007
Schon Ex-Bezirksvorsteher Karl Lacina (SPÖ) musste sich mit Anrainerprotesten gegen den Verein auseinandersetzen. Und bereits die erste Anrainerdemo 2007 wurde von der FPÖ vereinnahmt. Lacinas Nachfolger Hannes Derfler sagte dem KURIER 2009, er könne die Sorgen der Anrainer nachvollziehen, aber seine Nachbarn könne man sich nicht aussuchen.
Neun Jahre später lässt Derfler durch einen Sprecher ausrichten, die zuständigen Behörden seien eingeschaltet, weiters gebe es nichts zu sagen. Nur so viel: Bei den damaligen Protesten sei es um etwas ganz anderes gegangen, niemand habe ahnen können, was sich in der Dammstraße heute abspielt.
Hannelore Schuster möchte das nicht so stehen lassen. Die prall gefüllten Ringordner sollen Zeugnis von ihrem jahrelangen Engagement ablegen. Und dem, was die Presse daraus gemacht habe. „Als Nazis hat man uns bezeichnet.“
Dabei sei sie bereits damals auf Dokumente gestoßen, die ankündigten, was nun zu Tage tritt. „Elf Jahre hat man gebraucht, um drauf zukommen, was da los ist. Man wollte es einfach nicht wahrhaben! Doch die Alarmzeichen waren da!“
Ihre türkischen Nachbarn seien früher auch in die Moschee Dammstraße gegangen, mittlerweile gebe es dort Kopftuchzwang, weshalb sie heute in eine Floridsdorfer Moschee gingen: „Das ist schade, weil das meine Informanten waren.“ Von ihnen erfuhr sie Geschichten wie diese: Über Atib gelangten die Mitglieder an günstige Satelliten-Receiver, die 70 Sender empfangen könnten, allerdings nur türkische. Der ORF sei gesperrt.
Frau Schuster ist gewandt im Umgang mit Medien, sie spricht druckreif und verfasst die Texte auf der Homepage der Bürgerinitiative selbst. „Jetzt rufen wieder viele Journalisten an. Aber geglaubt hat mir bis vor Kurzem niemand.“ Ob das damit zusammenhängen könnte, dass sie sich von einer Partei vereinnahmen hat lassen? „Wir haben alle eingeladen. Es ist nur die FPÖ mitgegangen. Politisch benutzt ist die ganze Sache wahrscheinlich von allen worden.“
Jahrelang wurde Frau Schuster vom Verfassungsschutz bewacht. Sie hat Drohungen erhalten. Hat sich das alles gelohnt? „Ich hatte manchmal das Gefühl, der Staat hat aufgegeben. Jetzt hoffe ich, dass etwas aufbricht.“