Personalmangel in HIV-Ambulanz
Von Josef Gebhard
Das von Sparzwängen geplagte AKH kommt nicht zur Ruhe. In einem dramatischen Appell wendet sich jetzt das Team der HIV-Ambulanz an die Öffentlichkeit. Die „über viele Jahre aufgebaute Qualität der medizinischen Versorgung der Patienten“ sei massiv gefährdet, heißt es in einem offenen Brief, der dem KURIER vorliegt. Die Ärzte seien an die Grenze der Leistungsfähigkeit gestoßen, das Risiko für Fehler und Mängel habe sich deutlich erhöht.
Der Hintergrund: In den vergangenen sechs Jahren hat sich die Zahl der Patienten verdoppelt. Derzeit werden mehr als 1200 betreut.
„Doch der Personalstand ist gleichgeblieben“, sagt Bereichsleiter Armin Rieger. Die einzige Planstelle für die Patientenbetreuung ist mit einem Assistenzarzt besetzt, der häufig wechselt. Das Stammpersonal besteht aus zwei Teilzeit-Kräften, die im Rahmen von Studien über Gelder der Pharma-Industrie bezahlt werden. Das bedeutet: Gibt es keine Studien, fließen auch keine Gelder. „Und es wird immer schwieriger, den Zuschlag für Studien zu bekommen“, sagt Rieger. Er wünscht sich zumindest eine zusätzliche fixe Stelle, deren Sold nicht von Drittmitteln abhängig ist. Sonst sei in absehbarer Zeit die optimale Betreuung der Patienten nicht mehr gewährleistet. Gerade bei HIV-Infizierten müsse sie sehr intensiv sein, um einen Therapieerfolg zu gewährleisten.
Kompetenzproblem
Eine Verurteilung, warnte Verteidiger Helmut Graupner, käme einer Bankrotterklärung der Aids-Politik gleich. Gestern, 11 Uhr, Landesgericht Wien: Die Staatsanwältin zitierte einen HIV-Positiven vor den Kadi. „Vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“, warf sie ihm vor. Der Archäologe, 37, hatte seinem Partner, einem bis über die Ohren in ihn verliebten Zivildiener, eine Zeit lang seine Erkrankung verschwiegen. Es kam zu „Oralverkehr ohne Ejakulation“, stand in der Anklage. Der Widerspruch darin: Diese Safer-Sex-Praktik empfehlen offizielle Stellen HIV-positiven Menschen. „Daran hat sich mein Mandant gehalten“, betonte Graupner. Im Falle einer Verurteilung seien die Regeln hinfällig, schlussfolgerte er.
Der Angeklagte schilderte wortreich, wie er während der Beziehung die folgenschwere Diagnose erhalten hatte: In der Klinik riet man ihm, mit einem Outing vorsichtig zu sein. „Man hat mir die Safer-Sex-Regeln erklärt.“ Irgendwann outete er sich doch. Der Ex drohte mit einer Anzeige, die er nach drei Jahren (!) erstattete. Er forderte für seinen „seelischen Schmerz“ Schadenersatz. „Ich hab’ geglaubt, ich bin HIV-positiv.“
Graupner legte anhand eines Gutachtens dar, dass selbst bei Sex mit Kondom das Infektionsrisiko größer ist als bei der beschriebenen Praktik. Eine „ernstzunehmende Ansteckungsgefahr“ liege nicht vor. Richterin Eva Brandstetter sprach den Mann frei: „Sie haben sich richtig verhalten.“