Chronik/Wien

Herr Figl fürchtet sich vor nichts

Wenn Markus Figl dem Trubel der City entfliehen will, spaziert er auf den Franziskanerplatz. Dort, mitten im ersten Bezirk, verirren sich an dem grauen Novembertag nur wenige Menschen. Figl genießt die Ruhe.

In den kommenden Monaten wird er dafür wenig Zeit haben. Der 41-Jährige steht vor der wichtigsten Mission seiner politischen Karriere. Als neuer Spitzenkandidat soll er für die ÖVP bei der kommenden Wien-Wahl den Spitzenplatz im ersten Bezirk halten. Noch ist nicht fix, ob die amtierende Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel ebenfalls antritt (siehe Artikel rechts). Aber auch so ist die Aufgabe schwer genug: Neben den im ersten Bezirk starken Grünen treten heuer auch die Neos unter Führung von Manager-Sohn Gregor Michael Raidl an. Und auch die SPÖ rechnet sich plötzlich wieder Chancen aus.

Bekanntheit

Dennoch legt sich Figl fest: "Mein Ziel ist klar. Ich will Erster werden", sagt der hochgewachsene Politiker. Allerdings plagt ihn ein ähnliches Problem wie seinen Parteichef Manfred Juraczka, wenn auch auf kleinerer Ebene. Markus Figl ist den meisten City-Bewohnern unbekannt. Wie er das ändern will? Mit persönlichem Kontakt, etwa bei Hausbesuchen. "Aber auch Veranstaltungen, wie etwa unserer City Lounge, wo wir Bürger zu Gesprächsrunden einladen", sagt Figl. Auch die Neuen Medien will er für sich nutzen: "Ich bin eine andere Generation als ältere Politiker. Deswegen arbeite ich mit Instrumenten meiner Generation. Ich nutzte etwa Facebook sehr stark, um mit den Bürgern in Kontakt zu treten und über ihre Sorgen zu reden."

Sorgen haben die Bewohner des ersten Bezirks viele. Parkplatzmangel, fehlende Nahversorger, die Touristenmassen und die teuren Mieten in der Innenstadt. "Da müssen wir alles tun, damit sich die jungen Leute wohlfühlen und hier bleiben."

Themen denen sich auch Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel stets mit Leidenschaft angenommen hat. Stenzel schätze er als Europapolitikerin, aber auch als Politikerin in Wien, sagt Figl. Er traue sich aber zu, gegen Stenzel in den Ring zu steigen: "Wir leben in einer Demokratie. Da hat jeder das Recht, anzutreten – auch Ursula Stenzel."

Welche Folgen eine neue Liste haben kann, mussten die Grünen bei der Wien-Wahl 2010 bitter erfahren. Der damalige Bezirksvorsteher der Josefstadt, Heribert Rahdjian, wurde von den Grünen nicht mehr als Spitzenkandidat für die Wahl aufgestellt. Rahdjian trat daraufhin mit der eigenen Liste an; Bezirksvorsteherin wurde schlussendlich Veronika Mickel von der ÖVP. Ob Figl die Befürchtung hat, auch im internen Machtkampf zerrieben zu werden? "Ich fürchte mich grundsätzlich vor nichts", sagt Figl.

Die Furchtlosigkeit dürfte in der Familie liegen, ist doch Markus Figl der Großneffe von Ex-Bundeskanzler Leopold Figl. "Mein Vater ist damals auf dem Hof der Figls in Rust im Tullnerfeld aufgewachsen. Als der russische Staatschef Nikita Chruschtschow zu Verhandlungen in Rust zu Gast war, haben mein Vater und seine Geschwister Gedichte aufgesagt", erzählt Figl.

Mit Gedichten allein wird der erste Bezirk allerdings nicht zu erobern sein. Das weiß auch Figl.

Tritt sie an oder nicht? Seit Tagen wird gerätselt, ob Ursula Stenzel bei der kommenden Wien-Wahl mit einer eigenen Liste kandidiert. Zuletzt wurde gar von einer Verbindung zum Team Stronach berichtet. Leicht erklärt, ist doch Stenzels Stellvertreterin Jessi Lintl eine ehemalige ÖVPlerin. Sie sitzt nun für das Team Stronach im Nationalrat, als Bezirksvorsteher-Stellvertreterin ist sie Partei-ungebunden.

„Das sind Äußerungen von Dritten an denen wir uns nicht beteiligen“, heißt es aus Stenzels Büro. Der Arbeitsaufwand der Bezirksvorsteherin sei so intensiv, dass keine Zeit für Spekulationen bleibe. Dennoch, entschieden dementiert werden die Gerüchte nicht. Täglich würden Menschen anrufen, um ihre Unterstützung auszudrücken. Auch verweist man im Büro vorsorglich auf Stenzels Zugkraft bei Wahlen.

„Solange es keinen Wahltermin gibt, kann man keine seriöse Auskunft über Wahlteilnehmer geben“, sagt eine Sprecherin kryptisch.