Chronik/Wien

Gericht entschied: "Oarsch-Kübel" ist keine öffentliche Anstandsverletzung

Oarsch-Kübel" oder "Oarsch-Kieberer" – das war hier die Frage. Ersteres will ein Betrunkener während der Fahrt auf dem Prater-Turm – dem weltweit höchsten Kettenkarussell – gerufen haben, weil sich das Gerät seiner Meinung nach nicht schnell genug drehte. Letzteres meinten zwei Polizisten gehört zu haben, die gerade in der Nähe des Karussells patrouillierten. Deshalb nahmen sie den Mann nach Ende der Fahrt in Empfang und straften ihn ab. Zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellt. Denn das Landesverwaltungsgericht Wien entschied im Zweifel für den Beschuldigten.

Karussell-Expertin

Richterin Sabrina Burda, die selbst gern mit dem 117 Meter hohen Karussell fährt, bezweifelte nämlich, dass bei all dem Umgebungslärm im Prater vom Boden aus eindeutig auszumachen ist, "ob der Beschuldigte ,Oarsch-Kübel‘ oder ,Oarsch-Kieberer‘ gerufen hat". Zumal sich das Karussell mit 60 km/h dreht.

Das Gericht nimmt an, dass sich die Beamten schlicht verhört haben. Burda meint, der Mann habe im Bezug auf das Karussell "nicht in ordentlicher Schriftsprache ,Oarsch-Kübel‘, sondern vielmehr im Wiener Dialekt ,Oarsch-Kiebel‘ gerufen". Was zwar "hoch verwechslungsfähig zu dem von den Polizisten vernommenen ,Oarsch-Kieberer‘ klingt", aber bloß eine "milieubedingte Unmutsäußerung" sei. Eine öffentliche Anstandsverletzung sei darin nicht zu erkennen.

Zudem habe der laut Zeugen bereits merklich wankende Mann unmittelbar, nachdem er von den Bezirksinspektoren angehalten wurde, erklärt, den Prater-Turm und nicht die Beamten beschimpft zu haben. Für Burda ist es "unvorstellbar, dass jemand, der alkoholisiert ist, aus der Pistole geschossen eine zum Ziel führende Rechtfertigung zur Hand hat". Sprich: so schlagfertig sei ein Betrunkener einfach nicht.

Dass der Mann während der Amtshandlung wild mit den Armen herumfuchtelte, wurde von den Polizisten als "aggressives Verhalten" ausgelegt. Doch auch damit blitzten sie bei der Juristin ab.

Da die beiden nämlich laut eigenen Angaben "die Fahne des Betrunkenen" nicht wahrnahmen, schloss Burda daraus, dass er sich quasi nicht in Riech-Weite befunden haben konnte. "Aufgrund des größeren Abstandes zwischen Polizisten und Beschuldigtem kann das Herumfuchteln mit den Armen nicht als aggressives Verhalten qualifiziert werden." Der Mann behauptete, bloß auf das Karussell gezeigt zu haben.