Gefeuerter Arbeiter schießt auf Chef
Abubarar Abdulajev ist ein Held. Donnerstagfrüh rettete der Arbeiter in Wien seinem Chef das Leben. Ein am Vortag entlassener Mitarbeiter wollte anscheinend Rache nehmen und tauchte mit einer Repetierflinte in dessen Büro am Alsergrund auf. Der erste Schuss ging daneben. Der zweite erwischte Harald U., Chef einer Blitzschutz-Firma in der Seegasse, aus unmittelbarer Nähe im Brustbereich. Abdulajev hörte die Schüsse, eilte ins Büro und schlug dem mutmaßlichen Täter Babak S. mit einem Schraubenschlüssel auf den Kopf.
Keine Zeit für Angst
Chef Harald U. lag zu dem Zeitpunkt bereits wehrlos auf dem Boden. „Er hat sich mit der Hand auf die Brust, auf die Wunde, gegriffen. Und er hat gesagt: ,Er hat geschossen!‘“, beschreibt der Mitarbeiter.
U. hatte großes Glück. Die Kugel drang im Brustbereich ein und an der Seite wieder aus, ohne lebenswichtige Organe zu verletzen. Der 51-jährige U. wurde von seinem Mitarbeiter anschließend ins Freie gebracht und auf einer Parkbank erstversorgt. Dann alarmierte der Tschetschene die Polizei. Die musste den mutmaßlichen Täter, der von den Kopfschlägen noch benommen war, nur noch festnehmen und ins Krankenhaus bringen. Bei Babak S. wurden laut Polizei Munition und ein Messer gefunden.
Streit wegen Fahrzeug
Auslöser für den Mordversuch soll die fristlose Entlassung des 43-jährigen Iraners am Vortag gewesen sein. Dem war ein Streit um einen Firmentransporter vorausgegangen. Der Chef dürfte das Fahrzeug, das Babak S. auch privat fahren durfte, zurückgefordert haben und holte es mit einem Zweitschlüssel.
„Ich hab’ mir schon gedacht, dass es Probleme geben wird“, sagt Abdulajev. „Aber nicht, dass er mit einer Waffe kommt.“ Und die hatte der mutmaßliche Täter gut getarnt, als er in der Firma auftauchte. Er transportierte das Winchester-Gewehr in einer Gitarren-Tasche. Den Hals des Instrumentes hatte er abgesägt – dort war die Waffe versteckt.
Laut Krankenhaus hat Harald U. die Schussverletzung gut überstanden. Er erlitt keine inneren Verletzungen und darf das Spital in den kommenden Tagen schon wieder verlassen.
Hintergrund Eine Entlassung hinterlässt tiefe Wunden. „Eine plötzliche Kündigung kann zu einer Verlustkrise führen“, sagt Claudius Stein. Er ist ärztlicher Leiter des Kriseninterventionszentrums in Wien. Diese Einrichtung bietet akute, kurzfristige Hilfsleistungen an. Im vergangenen Jahr haben sich 1600 Menschen an das Zentrum gewandt. 20 Prozent der Klienten sind arbeitslos. Ein gutes Drittel sucht Hilfe auf, weil es in der Arbeit Probleme gibt. Aus Erfahrung weiß Stein, dass eine längere Phase der Arbeitslosigkeit das Risiko einer psychischen Erkrankung erhöht.