Fluglärm-Kritiker fühlen sich über den Tisch gezogen
Von Bernhard Ichner
Unter den Gegnern der dritten Piste auf dem Flughafen Schwechat macht sich Enttäuschung breit: Die zumindest zweitägige Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in der seit Mittwochfrüh über die 28 Einwände von Bürgerinitiativen (BI) und Anrainern gegen das geplante Großprojekt entschieden wird, erwecke „den Anschein einer Pro-forma-Verhandlung“, findet etwa Susanne Heger von der „BI gegen Fluglärm in Wien-West“.
Die Projektgegner erzürnt, wie das Gericht an das Thema Fluglärm herangeht. Richter Karl Thomas Büchele ließ nämlich keine umweltmedizinischen Fragen zu. „Wir stützen uns hier ausschließlich auf die Luftverkehr-Lärmimmissionsschutzverordnung (LuLärmIV)“, stellte er klar. Also auf ein Gesetz, das die Mindeststandards punkto Lärmschutz definiert, und in das bereits ein umweltmedizinisches Gutachten der Uni Wien Eingang fand.
Und Brigitte Krenn, Obfrau der „Plattform gegen die 3. Piste“, irritiert, dass das Verfahren ausschließlich auf der „LuLärmIV“ basiert, die erst 2013 in Kraft trat. Also, nachdem Bürgerinitiativen und Anrainer ihre Beschwerden gegen das 2012 erstinstanzlich genehmigte Bauprojekt eingebracht hatten. „Ich habe nicht den Eindruck, dass unsere Einwände hier Gehör finden“, sagt Krenn. Die Plattform werde daher eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen.
Besagtes Gutachten des Instituts für Umwelthgyiene der Uni Wien sei zudem als unvollständig bekannt, kritisieren die Projektgegner.
WHO-Vorgaben
Es gebe inzwischen Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach in der Nacht 40 Dezibel und tagsüber 55 Dezibel nicht überschritten werden dürfen, wird argumentiert. Für die dritte Piste gelten aber 62 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht.
Dem hält Wolfgang Hesina, Geschäftsführer des Dialogforums entgegen, dass sich der Flughafen bereits im Mediationsverfahren zu geringeren Werten verpflichtet habe: 54 Dezibel am Tag und 45 Dezibel in der Nacht. "Dieser Lärmschutz wurde bereits umgesetzt."
EuGH soll helfen
Und auch dass die Flugrouten im Genehmigungsverfahren für die dritte Piste kein Thema sind, sorgt bei den Kritikern für Kopfschütteln.
Proksch beantragte daher, das Gericht möge vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) erst einmal klären lassen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung ohne die Einbeziehung der Flugrouten überhaupt rechtmäßig ist. Außerdem möge es untersuchen, ob die LuLärmIV verfassungskonform ist.
Am Donnerstag stehen die Themen Luftschadstoffe, Ornithologie und Katastrophenschutz auf dem Plan. Danach können die Richter die erstinstanzliche Genehmigung der dritten Piste durch das Land Niederösterreich bestätigen, von zusätzlichen Auflagen abhängig machen, oder sie aufheben.
Zumindest mit Letzterem rechnet man beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung nicht. "Ohne dem Gericht vorgreifen zu wollen - aber wir gehen nicht davon aus, dass das passiert", sagt Josef Muttenthaler, der Leiter der Abteilung Umweltrecht. Seitens des Airports rechnet man noch heuer mit einer Entscheidung des Gerichts.
Die Gegner dürften das Projekt, das frühestens 2020 in Bau gehen soll, jedenfalls vor das Höchstgericht bringen. Damit bleibt die dritte Start- und Landebahn, die laut Flughafen-Management 2025 benötigt werde, noch länger Zankapfel. "Im Prinzip können wir noch 10 Jahre streiten", sagt Heger.