Chronik/Wien

Fäkalien-Attacke auf Wiener Landesgericht war "Hilferuf"

Als "bestialisch" beschrieb KURIER-Gerichtsreporterin Michaela Reibenwein den Gestank, als sie am Montagvormittag, 25. Mail 2020, nach einem Prozess das Wiener Landesgericht verlassen wollte. Minuten zuvor war Aleksejs K. ins Foyer des Gerichtsgebäudes gestürmt, um zwei Glasflaschen über die Sicherheitskontrolle hinweg in den Eingangsbereich zu werfen. Gefüllt waren die nach dem Aufprall geborstenen Milchflaschen mit Fäkalien.

Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand. Die Tatsache, dass neben einer völlig verdreckten Rampe und in Mitleidenschaft gezogenen Plexiglasscheiben auch die Uniformen der Sicherheitsmitarbeiter einige Spritzer abbekamen, zeigt aber, dass die "Stinkbomben" in deren unmittelbarer Nähe landeten.

Polizisten konnten den Angreifer wenig später anhalten, der Grund für die Fäkalienattacke war damals aber noch nicht bekannt. Heute, Dienstag, musste sich der 35-Jährige, schließlich wegen schwerer Sachbeschädigung - am Ort des Vorfalls - vor dem Wiener Landesgericht verantworten.

Verzögerung zu Prozessbeginn

Bereits der Auftakt des Prozesses verlief dabei turbulent. Der auf freiem Fuß angezeigte Aleksejs K. war nämlich mit einem Springmesser am Eingang des Gerichtsgebäudes erschienen. Ein längerer Aufenthalt bei der Sicherheitskontrolle samt Abnahme des Messers war die Folge.

Vor dem Richter präsentierte sich der Lette, der auf einen Anwalt verzichtete, dann durchaus klar und von Anfang an geständig. Mit Hilfe einer gerichtlich bestellten Dolmetscherin entschuldigte er sich immer wieder für den Vorfall, betonte aber, dass er keinen anderen Ausweg mehr gesehen hätte, um sich vor Gericht Gehör zu verschaffen.

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Dem Angeklagten zufolge sei er in der Vergangenheit immer wieder fälschlicherweise für Straftaten beschuldigt worden. Richter Georg Olschak entgegnete dem, dass ihm überhaupt keine Vorstrafen vorliegen würden und es heute nur um den konkreten Vorfall vom 25. Mai ginge. Wie der KURIER nach dem Prozess von dem derzeit unterstandlosen Aleksejs K. erfuhr, handelte es sich bei seinen "Behörden-Problemen" vor allem um Streitigkeiten mit dem AMS.

"Wollte niemanden treffen" 

Auf die Fäkalienattacke angesprochen, führte der Beschuldigte aus, dass es sich bei seinen Wurfgeschoßen um zwei Milchglasflaschen mit einem Fassungsvermögen von je 700 Milliliter handelte. "Hätten Sie damit jemanden getroffen, wäre die Scheiße wirklich am Dampfen gewesen", entgegnete der Richter, der den Angriff zuvor auf einer Videoaufnahme gesehen hatte. Der "Stinkbombenwerfer" beteuerte daraufhin, darauf geachtet zu haben, keine Menschen zu treffen.

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Wenig später wurde Olschak wieder völlig ernst, denn das Landesgericht steht unter Denkmalschutz. Dementsprechend stand eine Verurteilung wegen schwerer Sachbeschädigung und eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren im Raum. Aufgrund des Denkmalschutzes und der hartnäckigen Verschmutzung einiger Fugen war zudem eine Spezialreinigung notwendig, die mit erheblichen Kosten verbunden war.

Zwei Monate bedingt

K., bei dem eine psychiatrische Untersuchung im Vorfeld keine Hinweise auf Geisteskrankheit oder sonstige Störungen zu Tage förderte, versicherte dem Richter, dass er nicht gewusst hätte, dass das Gebäude unter Denkmalschutz stünde und überhaupt nur zu diesem Schritt gegriffen habe, um sich vor Gericht endlich Verhör zu verschaffen.

Das gelang K. am Dienstag zwar nur bedingt, dafür durfte er sich aber über ein vergleichsweise mildes Urteil freuen: Wegen leichter Sachbeschädigung wurde er letztlich zu zwei Monaten bedingter Haft und drei Jahren Probezeit verurteilt, in der "nichts Ähnliches vorfallen darf".

Olschak zufolge wären vor allem die Rampe und das Plexiglas verschmutzt worden und diese stünden nicht unter Denkmalschutz. Mildernd wirkte sich zudem der bisher ordentliche Lebenswandel aus - wenngleich er von Glück sprach, dass bei dem Flaschenwurf niemand verletzt wurde.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel.