Hauseinsturz in Wien: 19-Jähriger tot, Vermisste geborgen
Von Patrick Wammerl
Die Explosion eines Hauses in der Äußeren Mariahilfer Straße löste am Samstag eine dramatische Rettungsaktion aus. Die Suchtrupps und Bergemannschaften riskierten in dem Trümmerhaus ihr Leben, um Bewohner zu retten. Im Fall eines 19-Jährigen war die halsbrecherische Aktion vergeblich. Der junge Mann konnte zwar fünf Stunden nach dem Hauseinsturz geborgen werden. Er starb aber im Spital.
Am späten Nachmittag, mehrere Stunden nach der Bergung des 19-Jährigen, schlugen die Hunde erneut an. Mit Motorsägen und schwerem Gerät kämpften sich die Helfer durch Balken und Schutt. „Die starken Balken liegen herum wie Mikado-Stäbchen, da bilden sich Hohlräume“, erklärt Feuerwehr-Sprecher Christian Feiler. Acht Stunden nach der Explosion wurde eine 48-jährige Bewohnerin aus einem solchen Hohlraum geborgen. Die Frau war laut Polizeisprecherin Adina Mircioane ansprechbar und dem ersten Anschein nach auch nicht schwer verletzt. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht.
Staubwolke
Es war eine gewaltige Druckwelle, die am Samstag kurz nach 10 Uhr die Umgebung des viergeschoßigen Wohnhauses erschütterte. Mit einem ohrenbetäubenden Knall stürzten weite Teile des Altbaus vom Dach bis zum ersten Stock in sich zusammen. Laut den Einsatzkräften gilt eine Gasexplosion als die wahrscheinlichste Unglücksursache.
„Nach den ersten Notrufen ist sofort ein Großeinsatz angelaufen“, erklärt Polizeisprecherin Adina Mircioane. Da von einer großen Anzahl an verletzten Personen ausgegangen werden musste, wurde der Katastrophenzug der Wiener Berufsrettung alarmiert. Die Feuerwehr rückte mit 35 Fahrzeugen und 110 Mann am Unglücksort an. An der Einsatzadresse bot sich ein Bild der Zerstörung. Vor dem eingestürzten Haus stand ein Auto in einem Trümmerberg.
„Es war eindeutig, dass das Gebäude massiv einsturzgefährdet ist. Dennoch galt es, so rasch wie möglich die Verletzten zu bergen, und nach Überlebenden zu suchen. Die Einsatzkräfte mussten dafür ihr Leben riskieren“, schildert Feuerwehr-Sprecher Feiler.
13 Bewohner aus den weniger stark verwüsteten Gebäudeteilen konnten rasch aus dem Haus gebracht und medizinisch versorgt werden. Alle Verletzten wurden zur weiteren Betreuung in die umliegenden Krankenhäuser gebracht, zehn Personen wurden bereits wieder in häusliche Pflege entlassen.
Schallortung
Trotz des Einsturzrisikos entschieden Feuerwehr und Rettung, weitere Suchmannschaften mit Spürhunden in den Trümmerkegel zu schicken. „Zur selben Zeit wurde das Haus notdürftig mit einer Pölzung gesichert“, erklärt Feiler.
Die Entscheidung erwies sich als richtig: Die Suchhunde witterten unter den Schuttbergen die verschütteten Personen und schlugen mit lautem Gebell an. Daraufhin gelang es der Schallortungsgruppe der Feuerwehr mit ihren Geräten die Personen zu lokalisieren.
Auswirkungen auf Öffis
Die Explosion hat auch Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr. Die Straßenbahnen der Linien 52 und 58 mussten bis auf weiteres in Richtung Westbahnhof kurzgeführt werden. Sie fahren nur zwischen Baumgarten bzw. Hummelgasse und Bahnhof Rudolfsheim. „Die Arbeiten gehen mit voller Kraft weiter. Wir hoffen, dass bis Montag die Behinderungen für den Verkehr beseitigt sind“, meinte Gerald Schimpf von der Feuerwehr.
Bilder des Einsturzes:
Das war wie am 11. September. Eine dicke Staubwolke zog durch die Straßen, man konnte nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen“. Tony Pusztai und Gergis Nader betreiben neben dem Wohnhaus in der Äußeren Mariahilfer Straße 185 ihre Geschäftsläden. Sie erlebten den Hauseinsturz Samstagvormittag aus nächster Nähe mit.
„Ich dachte, jetzt ist vor der Türe eine Autobombe explodiert. Die Wände haben gebebt und die Leute sind aus den Häusern und Geschäften auf die Straße gelaufen“, schildert Pusztai die dramatischen Momente.
Zunächst herrschte große Verunsicherung, was genau geschehen war. Kurz nach dem ohrenbetäubenden Knall des Einsturzes herrschte bedrückende Stille. Nur ab und an war ein Schrei zu vernehmen. „Wo das genau herkam, wusste man aber nicht“, erzählt der Mitarbeiter einer Fleischerei nur unweit der Unglücksstelle. Die Mariahilfer Straße glich im näheren Umkreis eines Trümmerfeldes. Ziegel wurden gegen das gegenüberliegende Gebäude geschleudert, Autos unter den riesigen Schutthaufen begraben.
Auch Dutzende Auslagenscheiben hatten der Druckwelle ebenso wenig Stand gehalten, wie die Fenster der benachbarten Wohnungen. „Mit einem Knall sind die Scheiben einfach rausgeflogen“, zeigt Nader auf den Scherbenhaufen vor seinem Geschäftslokal. Die ausgefallenen Wasserpfeifen, die er verkauft, liegen kreuz und quer in seinem Laden. Aus Angst davor, bestohlen zu werden, bemühten sich die Unternehmer, ihre beschädigten Auslagen vor dem Abend zu verbarrikadieren. An den Einbau neuer Scheiben war so rasch nicht zu denken.