Chronik/Wien

Essverbot: „Snack-Kultur macht nicht satt“

Ab 1. September tritt das Essverbot in der  U6 in Kraft, ab 15. Jänner in allen U-Bahnen. Nach einer Onlineumfrage der Wiener Linien dürfen dann gar keine Lebensmittel mehr in den Zügen gegessen werden, zuvor sollten es nur Kebab, Pizza und Leberkäsesemmeln werden.

Auf die angekündigte Maßnahme gab es teils heftige Reaktionen – Stichwort: „Verbotsgesellschaft“. Andere wiederum vertreten den Standpunkt:  Das schnelle Essen unterwegs ist unhöflich und ungesund.

Die Diätologin Nina Kienreich sieht darin ein soziokulturelles Problem, das für viele gesundheitliche  Beschwerden verantwortlich sei.  Sie sieht die Arbeitswelt gefordert: „Ich beobachte, dass viele Menschen im Alltag keine fixen Essenszeiten mehr haben. Grund für die „Snack-Kultur“ seien vor allem Zeitmangel durch den Beruf und die steigende Mobilität. Kienreich fordert daher, dass an Arbeitsplätzen mehr Zeit und Räumlichkeiten zum Essen geschaffen werden. Da aber Ernährung Gewohnheits- und Erziehungssache sei, können auch Verbote etwas bewegen, sagt die Ernährungsexpertin.

Nicht bewusst

„Wenn man immer unterwegs und schnell in den Öffis isst, dann isst man nicht bewusst, dadurch kann kein Sättigungsgefühl eintreten“, erklärt die Diätologin. Das führe dazu, dass doppelt gegessen werde. Zudem seien die Snacks, die typischerweise in U-Bahn-Stationen verkauft werden, fett- und zuckerreich, bestehen oft aus Weißmehl und beinhalten selten Gemüse und genügend Ballaststoffe.

So eine Ernährung führe auf Dauer zu Gewichtszunahme, könne den Blutzucker sowie die Fettwerte erhöhen. Schnelles, unbewusstes Essen sei außerdem schlecht für die Verdauung. Ihren Patienten rät sie, sich von zu Hause vorbereitetes Essen in die Arbeit mitzunehmen und in Ruhe zu speisen.

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Unhöflich

Als „verführerisch“ bezeichnet auch der Benimm-Experte und Tanzschulbesitzer, Thomas Schäfer-Elmayer, die Snackstände in den U-Bahn-Stationen. Jedoch fordert er dazu auf, auf  Mitmenschen Rücksicht zu nehmen und sich genau zu überlegen, was man auf so engem Raum isst: „Es geht vor allem um den Geruch und die Verunreinigung“. Elmayer, der sich  schon in der Vergangenheit für alkoholfreie Öffis eingesetzt hat, findet Essen in der Öffentlichkeit generell unhöflich. Auf öffentlichen Plätzen habe sich das aber schon eingebürgert, auf längeren Zugstrecken Kleinigkeiten zu sich zu nehmen, sei auch kein Problem. „In den Öffis ist den Wiener Linien aber nichts anderes übergeblieben, als ein komplettes Verbot einzuführen“, meint er. Das Problem schwele schon zu lange.

Konsequenzen

Die Wiener Linien betonen aber: „Wir werden kleinen Kindern nicht ihren Keks wegnehmen.“ Das Sicherheitspersonal werde vor allem am Anfang nur auf das Verbot aufmerksam machen,  in Ausnahmen werden uneinsichtige Personen aus der U-Bahn verwiesen.  

Bald in allen U-Bahnen

Essverbot  Kontrolliert wird das Verbot vom Sicherheitspersonal der Wiener Linien. Dieses soll bis Ende 2018 von derzeit 60 auf 80 Personen aufgestockt werden.  Am Anfang soll primär sensibilisiert werden. In letzter Konsequenz können Essende aus den Zügen verwiesen werden.

Ab 15. Jänner gilt das Verbot dann in allen U-Bahnen. Eine Ausweitung auf Busse und Bims sei laut  Wiener Linien nicht geplant. Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) wollte das zuletzt nicht ausschließen. Speisen werden alle verboten, alkoholfreie Getränke bleiben erlaubt.

von Konstantin Auer