Die UNESCO sorgt sich nun auch um Schönbrunn
Von Bernhard Ichner
Kaum hat die UNESCO das historische Zentrums Wiens wegen des geplanten Hochhausprojekts am Heumarkt auf die Rote Liste gesetzt, sorgt man sich auch an anderer Stelle um eine etwaige Aberkennung des Welterbe-Status. Und zwar in Schönbrunn. Denn der Expansionsplan des Tiergartens – sprich die mögliche Anbindung des Botanischen Gartens an den Zoo – stört die UNESCO massiv.
Dem scheidenden Chef der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft (SKB), Franz Sattlecker, ist zudem die Bebauung der Meidlinger Comet-Gründe ein Dorn im Auge. Die geplante Errichtung eines Einkaufszentrums samt 60 Meter hohem Büroturm und Wohnungen könnte die Aberkennung des Welterbe-Status für das Schlossensemble zur Folge haben, befürchtet er.
"Integraler Bestandteil des Welterbes"
Das will die Generalsekretärin der österreichischen UNESCO-Kommission, Gabriele Eschig, zwar nicht ausschließen. Zumal man den neuesten Projektstand nicht kenne. Als weitaus dringlicher erachtet sie aber die Entwicklung rund um den Botanischen Garten. Während die Comet-Gründe höchstens die freie Sichtachse von Schönbrunn beeinträchtigen könnten, sei die Grünfläche integraler Bestandteil des Welterbe-Areals.
„Der Botanische Garten wurde als in sich geschlossenes, historisches Ensemble als Welterbe eingereicht. Und jetzt soll er als Teil des Tiergartens mit Vogelvolieren kommerziell genutzt werden. Es entspricht aber nicht der ursprünglichen Intention, wenn der freie öffentliche Zugang geschlossen wird und Massen von Zoo-Besuchern durchrennen“, so Eschig.
„In Wien“, kritisiert die Welterbe-Schützerin, „werden wirtschaftliche Interessen leider dem Erhalt des kulturellen Erbes vorgezogen.“
Paris will Auskunft
Die UNESCO-Zentrale in Paris bat die Republik Österreich daher nun um Aufklärung bezüglich der Expansionspläne. Das Bundesdenkmalamt soll zudem etwaige negative Auswirkungen der Zoo-Erweiterung auf den Botanischen Garten prüfen.
Vor dessen Übertragung an den Tiergarten werde man die Zustimmung des Denkmalamts und der UNESCO abwarten, heißt es dazu aus dem für Schönbrunn zuständigen Wirtschaftsministerium. Ein Zoo und ein Botanischer Garten seien aber kein Widerspruch. Das neue Konzept werde dem historischen Anspruch gerecht, zudem werde sich die Auswahl der Tiere auf Vögel und kleine Säugetiere beschränken. Feste Bauten würden nicht errichtet und die „einzigartige historische Wertigkeit des Botanischen Gartens mit seinem Bestand an Baum- und Strauchsorten“ bliebe erhalten, erklärt eine Sprecherin.
Mandatare angezeigt
Strafanzeige gegen jene 51 Wiener Gemeinderäte von SPÖ und Grünen, die für die Umwidmung des Heumarkt-Areals stimmten, hat indes die Initiative Denkmalschutz eingebracht. Die „List Rechtsanwalts GmbH“ brachte bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung ein.
Es bestehe der dringende Verdacht auf Amtsmissbrauch, erklärt Denkmalschützer Markus Landerer. Habe man die Mandatare im Vorfeld doch mehrmals darüber informiert, dass die Stadt Wien gesetzlich dazu verpflichtet sei, ihr Welterbe zu schützen. „Durch die Abstimmung am 1. Juni hat die Mehrheit der Gemeinderäte diese Pflicht verletzt.“