Chronik/Wien

Die Favoriten: Eine vorzügliche Wahl

Am Wahlergebnis ändern sie in der Regel kaum etwas. Und doch sind sie für die Parteien ein wichtiger Gradmesser: die Vorzugsstimmen für die Spitzenkandidaten.

In den Parteien werden sie als eine – nicht zu unterschätzende – Sympathiebekundung gesehen. Und fällt diese entsprechend gut aus, dann geht man gerne damit hausieren.

Unter den Spitzenkandidaten ist dabei SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig der klare Sieger. Exakt 15.049 Wähler schrieben auf Landesebene Ludwigs Namen auf den Stimmzettel.

Zum Vergleich: Amtsvorgänger Michael Häupl war 2015 (bei einer deutlich höheren Wahlbeteiligung) noch auf 24.119 Stimmen gekommen.

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Auf Platz zwei der Spitzenkandidaten rangiert – analog zur ÖVP bei der Wahl – der türkise Spitzenkandidat und Finanzminister Gernot Blümel. Er kommt auf insgesamt 11.336 Vorzugsstimmen. Auch hier ein Referenzwert aus 2015: Der damalige Spitzenkandidat Manfred Juraczka erhielt 2.073 Vorzugsstimmen.

Rot-türkiser Vergleich

Spannend ist auch der direkte Vergleich zwischen Ludwig und Blümel: Die 11.336 Vorzugsstimmen des ÖVP-Spitzenkandidaten sind insofern beachtlich, als die Türkisen insgesamt mit 20,4 Prozent bei der Wahl nur etwa halb so viele Stimmen erhielten wie die SPÖ. In Relation gesehen ein Erfolg für Blümel.

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Dritte im Vorzugsstimmen-Ranking der sechs Spitzenkandidaten ist die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein mit 7.076 Nennungen. Hebeins Vorgängerin Maria Vassilakou schaffte bei ihrem letzten Antritt im Jahr 2015 in Summe 6.824 Stimmen.

Christoph Wiederkehr von den Neos kommt auf insgesamt 3.110 Vorzugsstimmen – und hat damit um einen Hauch mehr als seine Vorgängerin, die amtierenden Neos-Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger 2015. Sie erhielt damals exakt 3.023 Vorzugsstimmen.

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Bei der Gemeinderatswahl landete die FPÖ letztendlich knapp hinter den Neos auf dem fünften Platz.

Bei den Vorzugsstimmen bleibt dem blauen Spitzenkandidaten Dominik Nepp ein kleiner Erfolg. Er bekam auf Landesebene 3.790 Vorzugsstimmen – und damit mehr als Christoph Wiederkehr.

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Strache als Motiv

Nepps Vorgänger als FPÖ-Spitzenkandidat, Heinz-Christian Strache, war im Jahr 2015 noch von 18.111 Wählern auf den Stimmzettel geschrieben worden. Diesmal, mit eigener Liste, kam Strache nur noch auf 2.687 Stimmen. Gemessen an den gerade einmal 3,27 Prozent, die Straches neue Liste insgesamt erhielt, ist das aber zumindest eine Art Teilerfolg.

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Wirklich überraschend ist es nicht: Die Person Straches war laut Nachwahlbefragungen für mehr als 80 Prozent seiner Wähler das ausschlaggebende Wahlmotiv. Kein anderer Spitzenkandidat hat einen ähnlich hohen Wert.

Community hilft

Betrachtet man die Vorzugsstimmen der Kandidaten auf den hinteren Listenplätzen, dann zeigt sich: Besonders punkten können hier jene Politiker, die stark in einer Community verankert sind. In ihrem Fall kann das sogar das Wahlergebnis verändern: Immer wieder kommt es hierbei parteiintern zu Vorreihungen – und Kandidaten auf an sich aussichtslosen Listenplätzen schaffen es so doch noch in den Gemeinderat.

Ein Beispiel dafür ist bei dieser Wahl eine SPÖ-Bezirksrätin aus Floridsdorf, die sogar amtierende Stadträte bei den Vorzugsstimmen überholte: Die türkischstämmige Alishan Bozatemur erhielt 3.571 Vorzugsstimmen. SPÖ-intern ist das die dritthöchste Anzahl nach Ludwig und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. (Hacker hat mit 4.482 Vorzugsstimmen unter den SPÖ-Stadträten am besten abgeschnitten). Und es sind mehr Vorzugsstimmen als etwa Wiederkehr und Strache erreichten.

Bozatemur hatte mit Wahlwerbung vor Erdoğan-Fans für Aufsehen gesorgt. Bei einem Abendessen auf Kosten der SPÖ Brigittenau, zu dem auch der Obmann der UID, Mahmut Koc, eingeladen war, warb sie für die Wien-Wahl. (Die UID gilt als verlängerter Arm der türkischen Regierungspartei AKP). Im Gegenzug streute Koc Wahlempfehlungen für Bozatemur in der türkischen Community.

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Ganz ohne zweifelhafte Veranstaltungen schaffte es Mireille Ngosso zu einem guten Ergebnis. Die bisherige rote Vize-Bezirkschefin in der Inneren Stadt, die von den eigenen Genossen abmontiert wurde, kommt auf 3.337 Vorzugsstimmen. (Das sind mehr als etwa die Stadträte Ulli Sima, Peter Hanke oder Kathrin Gaal). Ngosso ist unter anderem in der „Black Lives Matter“-Bewegung aktiv.

Katholische Allianzen

Bei der ÖVP hat Jan Ledochowski einen kleinen Rekord aufgestellt: Er war auf Listenplatz 33 gereiht, kommt aber auf 1.758 Vorzugsstimmen. Damit liegt er parteiintern hinter Gernot Blümel auf dem zweiten Platz, deutlich vor dem nicht amtsführenden Stadtrat Markus Wölbitsch (826). Ledochowski will dafür sorgen, dass „christliche Werte“ im Wiener Gemeinderat Einzug halten.

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