Der Fahrplan für den Wiener Hauptbahnhof
Von Elias Natmessnig
Der größte Bahnhof Österreichs nimmt langsam Form an. "Wir haben soeben das siebente Rautendach fertiggestellt", sagt ÖBB-Gesamtprojektleiter Karl-Johann Hartig, "das achte wird in Kürze in Angriff genommen." Hartig ist verantwortlich, dass die Arbeiten am Bahnhof plangemäß verlaufen, und er ist zufrieden. "Wir liegen voll in unserem Zeitplan."
Bis Mitte Mai wird der erste Teil der Dachkonstruktion fertiggestellt. Die insgesamt acht Dächer sind der Schlüssel zur Teilinbetriebnahme des Bahnhofs am 9. Dezember. Erst wenn die Dächer liegen, kann mit den Bauten am Bahnsteig begonnen werden.
Intensivphase
Der nächste wichtige Termin für Hartig ist der 6. August. An diesem Tag werden die provisorischen Umfahrungsgleise aufgelassen, und die zwei südlichsten Gleise gehen in Betrieb. Ab dann muss es Schlag auf Schlag gehen. "Die Bauphase ab dem 6. August bis hin zur Teileröffnung am 9. Dezember wird noch einmal sehr intensiv", erklärt Hartig.
Bis dahin müssen vier Bahnsteige für Personen-Züge fertiggestellt werden. Unter den Bahnsteigen gibt es eine Schmalspurvariante der künftigen Bahnhofshalle: Personenkassen, ein Reisezentrum und eine Minimalversorgung mit Reiseartikeln. Den Passagieren steht nur der Ausgang auf den Vorplatz an der Sonnwendgasse zur Verfügung, zur U-Bahn muss man noch umständlich ums Eck gehen. Am hinteren Teil des Bahnhofs wird dagegen schon die verlängerte Straßenbahnlinie D halten, die Arbeiten dafür sind im vollen Gang.
Warum der Bahnhof gerade im Dezember eröffnet wird, ist leicht erklärt. An jedem zweiten Dezembersonntag werden international die Fahrpläne umgestellt. "Und der Hauptbahnhof wird Relevanz weit über Österreich hinaus haben", erklärt Hartig. Noch ist es aber nicht so weit. 2012 wird der Hauptbahnhof nicht mehr als ein Regionalbahnhof für die Ostbahn sein, nicht ein einziger Fernzug wird dort halten. Erst ab Dezember 2014 geht er in den Vollbetrieb. Dann werden die Reisenden an insgesamt 10 Bahnsteigen ankommen und von dort in die große Bahnhofshalle geleitet.
Schon vor dem Bahnhof wird im September 2014 das Einkaufszentrum aufsperren. Knapp 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche stehen auf drei Etagen samt Tiefgarage und Durchgang zur U1 bereit.
2014 werden die ÖBB auch ihre neue Konzernzentrale an der Sonnwendgasse bezogen haben, die übrigen Büros rund um den Bahnhof sollten kurze Zeit später bezugsfertig sein.
Noch länger muss man auf die Bahnhof-City warten. Dort wird erst 2014 mit dem Bau begonnen.
Rechtsverkehr auf Südbahn kostet 16 Millionen
Orientierungsprobleme könnten ab August bei Bahnkunden auf den Bahnhöfen der Südbahn in Niederösterreich auftreten. Denn die ÖBB stellen von Links- auf Rechtsverkehr um. Die Züge fahren damit vom "verkehrten" Gleis ab. Kosten wird der Kurswechsel satte 16 Millionen Euro.
Worauf man sich auf der Straße in Europa mit Ausnahme Großbritannien geeinigt hat, nämlich auf den Rechtsverkehr, ist auf der Schiene nicht nur von Land zu Land, sondern sogar von Linie zu Linie unterschiedlich. In Niederösterreich herrscht etwa auf der Südbahn Linksverkehr, auf der Westbahn aber Rechtsverkehr. Das hat teils historische Gründe. Langfristig soll jedoch der "Rechtsruck" zur Norm werden: "Die Umstellung auf Rechtsfahren wird in Etappen bereits seit dem Jahr 1909 umgesetzt. Der letzte wesentliche Meilenstein wurde mit der Umstellung des Abschnitts von Wien Westbahnhof nach Amstetten auf Rechtsfahren im Jahr 1991 gesetzt", sagt ÖBB-Sprecher Christopher Seif dazu.
Wirrwarr
Jetzt steigen die ÖBB aufs Gas: "Die ÖBB-Infrastruktur AG verfolgt die Umstellung auf einheitlichen Rechtsfahrbetrieb. Das bringt Effizienzsteigerung, sichert maximale Nutzung der Trassenkapazitäten und verbessert den Kundenkomfort insbesondere in den Bahnhöfen Wien Meidling und Hauptbahnhof Wien."
Die Umstellung zum jetzigen Termin kommt nicht von ungefähr: Heuer werden der Lainzer Tunnel und ein Teil des Hauptbahnhofs Wien in Betrieb genommen. Damit werden die "rechte" West- und Ostbahn mit der "linken" Südbahn verbunden. Die Angleichung ist "eine wesentliche Voraussetzung für den reibungslosen Bahnbetrieb", sagt Seif.