Chronik/Wien

Der brutale Kampf um die Ehre

Beleidigungen auf Facebook dürften die Massenschlägerei vor einem Jugendzentrum in Wien-Brigittenau am vergangenen Wochenende ausgelöst haben. Tschetschenische und afghanische Jugendliche waren, wie berichtet, aufeinander losgegangen. Sieben Burschen wurden verletzt, zwei schwebten sogar kurz in Lebensgefahr. Fünf afghanische Burschen im Alter von 16 bis 21 Jahren befinden sich in Untersuchungshaft, ein 15-Jähriger wurde auf freiem Fuß angezeigt.

„Ursache waren Pöbeleien und Beleidigungen im Internet“, weiß Gabriele Langer, Geschäftsführerin der Wiener Jugendzentren. „Das geht sehr schnell und spielt sich nicht öffentlich ab. Dazu kommt der Gruppendruck: Da musst du was tun. Sonst verlierst du das Gesicht“, beschreibt Langer.

Weiter Suche nach Tatwaffen

Die Einvernahmen durch die Polizei ergaben noch keinen Durchbruch: „Einer will gar nicht dort gewesen sein, obwohl wir Bilder aus der Überwachungskamera haben. Die anderen wollen nicht involviert gewesen sein“, sagt Polizei-Sprecher Paul Eidenberger zum KURIER. Nach den Tatwaffen suchte die Polizei gestern, Montag, noch. Unmittelbar vor der Eskalation dürften sich die Afghanen noch telefonisch angekündigt haben.

"Dimension ist einzigartig"

Insgesamt 50 Jugendliche waren in die Tumulte vor dem Jugendzentrum Base 20 in der Engerthstraße involviert. „Die Dimension ist einzigartig. Und auch die Art der Bewaffnung“, sagt Langer. Die Jugendlichen waren mit Holzprügeln, Eisenstangen und Messern aufeinander losgestürmt.


Zuvor waren die tschetschenischen Burschen im Jugendzentrum. „Es hat keine Anzeichen dafür gegeben, dass es Probleme gibt“, sagt Langer. Als sich eine Gruppe geschlossen auf den Weg nach draußen machte, ging eine Sozialarbeiterin nach – und war plötzlich mitten im Konflikt. Der Versuch, den Streit zu schlichten, misslang. Mit der afghanischen Gruppe habe es im Vorfeld keinen Kontakt gegeben, erklärt Langer.

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Konflikte zwischen Ethnien seien nichts Neues. „Stark zu spüren war das damals beim Zerfall Jugoslawiens“, erinnert sich Langer. Und weiter: „Raufereien hat es schon immer gegeben. Aber jetzt vermischt sich das mit der Asylthematik.“ In den Wiener Jugendzentren will man entsprechend reagieren: „Speziell im Base 20“, betont sie. Denn dort gebe es besonders gemischte Nationalitäten und Hintergründe.

Wie das funktionieren kann? „Indem Interessen gesucht werden, die die Unterschiede vereinen.“ Sprich Sport oder Spiele. „Aus der Erfahrung wissen wir, dass es dann gut gelingt, die Gruppen zu vermischen oder zumindest ein Nebeneinander zu ermöglichen.“
Im Base soll der Vorfall besonders detailliert aufgearbeitet werden. „Nicht nur mit den Betroffenen. Es geht auch um die anderen, die dort sind.“

Zahlreiche Augenzeugen

Zum Zeitpunkt der Eskalation waren viele Jugendliche vor Ort. „Sie haben natürlich auch mitbekommen, was da passiert“, schildert Langer. Und auch viele Erwachsene wurden Augenzeugen. Von denen ist die Jugendarbeiterin allerdings enttäuscht: „Erwachsene Passanten, die nichts Besseres zu tun haben, als Handyaufnahmen zu machen“, ärgert sie sich.