Chronik/Wien

Ausschreitungen bei Corona-Demo: Vier Teilnehmer festgenommen

Ein Tropfen hat gefehlt. Dann wäre das Fass übergelaufen und die Lage eskaliert: 40.000 Corona-Demonstranten hatten sich Samstagnachmittag am Ring auf den Weg  gemacht. Doch auf Höhe der Oper war plötzlich Schluss. Die Polizei hatte Sperrketten eingezogen. Die vorderen Reihen des Demozuges  – es dürfte sich vorwiegend um Mitglieder der Identitären Bewegung gehandelt haben – wurden vom Rest separiert.

„Widerstand!“, schrie eine wütende Menge. Eine brenzlige Situation.

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Menschen rüttelten aggressiv  an den Sperrgittern. Eingekesselte versuchten durchzubrechen. Pyrotechnik und Böller knallten, Gegenstände flogen in Richtung der Polizei, Bier wurde auf die Beamten geschüttet. Die Polizisten griffen zum Pfefferspray.

Auch Demo-Organisator Martin Rutter bekam Pfefferspray in die Augen. Er erklärte später in einem Interview: „The police put the pepper in the eyes“ (Die Polizei gibt den Pfeffer in die Augen, Anm.)

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„Unser Ziel war es, den vorderen Personenkreis von der restlichen Demo zu trennen. Das ist uns gelungen“, sagt Polizeisprecherin Barbara Gass. Im Vorfeld habe es Hinweise gegeben, dass die Teilnehmer der vorderen Reihen „verbotene Gegenstände“ mitführen dürften. Konkret sollen sie  als Fahnenstangen getarnte Schlagstöcke sowie verstärkte Handschuhe dabei gehabt haben. Ob sich der Verdacht bestätigt hat, wurde vorerst nicht bestätigt.

Während der Amtshandlungen kam es zu vier Festnahmen sowie zu Anzeigen nach dem Strafgesetzbuch, dem Verbotsgesetz sowie zu zahlreichen Anzeigen aufgrund verwaltungsrechtlicher Übertretungen (nach der Covid-Schutzmaßnahmenverordnung und dem Pyrotechnikgesetz). Zwei Polizisten wurden verletzt.  Erst als die Polizeikessel wieder geöffnet wurden und die Menge weiterziehen konnte, entspannte sich die Situation.

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Die Demo war im Vorfeld als „Sturm auf Wien“ mit 700.000 Teilnehmern angekündigt worden. Ebenfalls im Vorfeld bekamen  etliche Personen aus dem Demo-Organisatorenumfeld Besuch vom Staatsschutz. Es wurden  mehrere Gefährderansprachen durchgeführt. Auslöser dürfte das kürzlich bekannt gewordene Video mit dem Neonazi Gottfried Küssel und und einem angeblichen Journalisten gewesen sein.

Darin wird fabuliert: „Das nächste Jahr wird nicht lustig werden, liebe Freunde. Nicht easy-cheesy mit zweimal um den Ring spazieren und so Blödheiten.“ Man wolle „das durchziehen“.

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Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) dankte in einer Stellungnahme am Samstagabend den im Einsatz stehenden Polizisten und lobte das „konsequente Einschreiten gegen Gewalttäter“. „Vor allem das unterschiedliche Teilnehmerfeld - Familien mit Kindern, aber auch Fußballhooligans und Identitäre, die nebeneinander marschieren - fordern Höchstleistungen von den Einsatzbeamten“, so Karner.

Appell an Freiheitliche

Angesichts der am Sonntag in Innsbruck anstehenden neuerlichen Corona-Demonstration, bei der unter anderem Redebeiträge von FPÖ-Chef Herbert Kickl und FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz angekündigt sind, appellierte Karner an die Freiheitlichen, „den politischen Diskurs im Parlament zu führen und nicht auf die Straße zu verlegen“. Dies erleichtere die Arbeit der Polizei und fördere den Zusammenhalt im Land, betonte Karner.