Busse ohne Fahrer im Testbetrieb
Von Anna Perazzolo
Donnerstag, 9 Uhr Früh, an einer Bushaltestelle in der Seestadt Aspern: Auf den ersten Blick sieht man zwei kleine Elektrobusse, die bei der U2 auf Fahrgäste warten. Auf den zweiten, dass sich in keinem davon ein Lenkrad befindet – sondern ein Xbox-Controller. Bei einer ersten Rundfahrt wird klar, wozu dieser dient.
Anlass der Hightech-Tour durch die Seestadt, an der neben Bürgermeister Michael Ludwig und Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) auch Journalisten teilnehmen, ist der nun beginnende Testbetrieb der automatisierten E-Busse. Bis Juni 2020 können Fahrgäste kostenlos zusteigen.
Operator fährt mit
Ein klassischer Busfahrer ist bei den neuen E-Bussen, die im vergangenen Jahr in der Wiener-Linien-Garage in der Leopoldau auf Herz und Nieren getestet wurden, nicht an Bord. Stattdessen fährt ein sogenannter Operator mit. Statt eines Lenkrads hält er besagten Controller, mit dem normalerweise in Konsolenspielen manövriert wird.
Die Busse fahren zwar automatisch – aber nicht ganz ohne menschliches Zutun. Mit Hilfe des Controllers können plötzlich auftretende Hindernisse, wie etwa auf der Straße haltende Fahrzeuge, umfahren werden.
Insgesamt ein Jahr lang wurden die E-Busse auf die Route in der Seestadtstraße vorbereitet. Jeden Meter der etwa zwei Kilometer langen Strecke mussten sie „erlernen“. Zehn Haltestellen gibt es rund um die U2-Station Seestadt: Mit dem Fahrgasttestbetrieb entstehe ein zusätzliches Angebot für die „erste und letzte Meile bis zur Haustür“, erklärt Ulli Sima.
Platz bietet der Bus für insgesamt elf Personen, wobei einer davon für den Operator reserviert ist. Aus Sicherheitsgründen dürfen nur sitzende Fahrgäste befördert werden – unter anderem, weil der Bus abrupt abbremst, wenn er einem Hindernis zu nahe kommt.
Holpriger Start
Oder gar nicht erst losfährt. Die Testfahrt, an der der KURIER teilnimmt, beginnt mit einigen akustischen Warnsignalen. Da sich zu viele Medienvertreter rund um den Bus aufhalten, signalisiert das Gefährt: Achtung, Hindernis!
Nachdem die Kollegen draußen zur Seite getreten sind, geht es endlich los. Sukzessive steigert sich der Bus auf eine Geschwindigkeit von 13 km/h – und bremst abrupt ab. Ein Fußgänger ist dem Fahrzeug zu nahe gekommen. Danach setzt Operator Peter Tesar die Fahrt fort. 15 Minuten später endet sie, wo sie begonnen hat.
Und was sagen andere Fahrgäste?
„Es ist ein seltsames, aber aufregendes Gefühl, hier mitzufahren. Aber ich finde es super, dass das gemacht wird“, meint eine junge Dame, die nach den Journalisten den E-Bus ausprobiert hat.
Eine andere junge Frau zögert noch. Sie überlegt, ob die Fahrt mit dem E-Bus nicht gefährlich sein könnte. Schließlich sagt sie aber: „Die Welt ist schon so fortschrittlich. Mittlerweile gibt es ja auch U-Bahnen, die alleine fahren. Es ist cool zu sehen, was technisch alles möglich ist.“
Skeptisch bleibt dagegen Dragan Popovic – von Beruf Busfahrer. Er steht mit seinem herkömmlichen Fahrzeug ein paar Meter entfernt. „Hoffentlich passiert beim Bus ohne Fahrer nichts“, sinniert er. Er persönlich vertraue der Technik des automatischen Fahrens nicht, sagt er. Aber als gelernter Wiener meint er auch: „Es is’ ein Versuch – schau ma.“
Kein Fahrplan
Einen klassischen Fahrplan mit genauen Abfahrtzeiten gibt es bei den neuen E-Bussen in der Seestadt nicht, da es im Testbetrieb zu außerplanmäßigen Verzögerungen kommen kann. Seitens der Wiener Linien heißt es aber, man bemühe sich, die beiden Busse immer werktags in den Vormittags- und Mittagsstunden in einen regelmäßigen Fahrrhythmus zu bringen. Mittels QR-Code bzw. hier ist ersichtlich, ob bzw. wo die Busse aktuell unterwegs sind.
Bei schlechten Witterungsverhältnissen, wie starkem Regen oder Schneefall, kann der Fahrbetrieb ausfallen, da die Sensoren rund um die Fahrzeuge irritiert werden könnten. Ein Ersatzverkehr wird unter diesen Umständen nicht angeboten.