Chronik/Wien

Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für 3. Piste

Die Entscheidung ist vorerst gefallen: Die umstrittene dritte Piste am Flughafen Wien-Schwechat darf nun doch gebaut werden. Das entschied ein Senat aus drei Richtern am Bundesverwaltungsgericht. Zusätzliche Auflagen in den Bereichen Treibhausgas-Emissionen, Fluglärm und Baustellenstaub sollen einen "möglichst hohen Schutz der Anrainerinnen und Anrainer und eine hohe Reduktion der CO2-Emissionen" sichern, heißt es in einer Erklärung.

Bei den Eigentümervertretern ist die Freude groß: Unisono betonen Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig und Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die Bedeutung des Projekts für den Wirtschaftsstandort. Und auch ÖVP, FPÖ sowie die SPÖ im Bund, Arbeiter- und Wirtschaftskammer, die Gewerkschaft vida, die Industriellen- und die Hoteliervereinigung sowie der Wien-Tourismus begrüßen die Entscheidung. Ein endgültiges Okay ist diese allerdings noch nicht: Nun könnte noch das Höchstgericht angerufen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht genehmigte die dritte Piste bekanntlich nicht zum ersten Mal. Jetzt wurde die ursprüngliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der geplanten dritten Start- und Landebahn bloß bestätigt. Nach der Aufhebung seiner ersten Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Juni 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht nun neuerlich über die Beschwerden der Flughafen-Anrainer zu entscheiden. Dabei hatte der VfGH den Rahmen für die Berücksichtigung der öffentlichen Interessen vorgegeben. Das Projekt war in allen Teilbereichen nochmals im Detail zu prüfen. Dabei wurden insbesondere der Bedarf nach einer weiteren Start- und Landebahn, die Berechnung der zusätzlichen Fluglärmemissionen sowie der CO2-Emissionen in den Fokus gerückt.

Gericht schreibt Maßnahmen vor

Durch die zusätzlichen Auflagen werde gewährleistet, "dass innerhalb eines Zeitraumes von maximal fünf Jahren nach Inbetriebnahme der neuen Piste eine CO2-Neutralität des Flughafens erreicht wird", heißt es in einer Aussendung des Bundesverwaltungsgerichts. Bereits vor Inbetriebnahme der dritten Piste seien "Maßnahmen zu setzen, die eine Reduktion der CO2-Emissionsmengen um 30.000 Tonnen zur Folge haben. Diese Maßnahmen haben sich auf die Sparten Abfertigung, Triebwerk-Probeläufe oder etwa die stationäre Infrastruktur zu beziehen."

Zur Reduktion des Fluglärms wurden deutlich strengere Grenzwerte für den Tag und für die Nacht vorgeschrieben. Verschiedene Vorgaben zur Messung und Berechnung des Fluglärms wurden strenger angesetzt und präzisiert. Und auch beim Bau seien diverse zusätzliche Maßnahmen zu setzen, um die Bildung von Baustellenstaub möglichst zu verringern, heißt es seitens des Richtersenats. Eine ordentliche Revision wurde zugelassen.

Zurückhaltung am Airport

Beim Flughafen Wien herrscht zwar Freude über das Grüne Licht für die lange umstrittene 3. Piste durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), allerdings gibt man zu bedenken, dass die Sache möglicherweise noch nicht ausgestanden ist.

Wörtlich heißt es dazu vom Flughafen Wien in einer Aussendung von Mittwochnachmittag: „Die im Erkenntnis enthaltenen umfangreichen Auflagen müssen nun auf ihre sachliche und rechtliche Grundlage geprüft werden. Abzuwarten gilt es auch, ob Projektgegner gegen diese Entscheidung die Höchstgerichte anrufen, die Frist dafür beträgt sechs Wochen. Davon hängt auch ab, wie sich der weitere Zeitplan für das Projekt gestalten wird, jedenfalls ist ein Realisierungsbeschluss erst möglich, wenn endgültige Rechtssicherheit besteht.“

Die Gegner der 3. Piste hatten jedenfalls schon in der Vergangenheit klargestellt, dass sie sich nicht so leicht geschlagen geben werden, falls das Bundesverwaltungsgericht nicht in ihrem Sinne entscheidet. Die Umweltorganisation VIRUS geht von einer neuerlichen Befassung der Höchstgerichte durch mindestens einen der 28 Beschwerdeführer aus. "Unabhängig vom weiteren Verfahrensfortgang ist aber jedenfalls auf die politische Verantwortung hinzuweisen, zum Schutz der Umwelt und des Klimas für eine Begrenzung des Flugverkehres im Großraum Wien zu sorgen," meint UVP-Experte Wolfgang Rehm. "Die politisch verantwortlichen Gesellschafter mögen sich den Luxus gönnen, jenseits von Wachstum und Standortrhetorik und Fantasie-Arbeitsplatzzahlen gescheiter zu werden, und für die Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus zu sorgen.

Enttäuscht zeigen sich auch die niederösterreichischen Grünen. „Anscheinend hat das Bundesverwaltungsgericht dem politischen Druck der Bundesregierung und dem Land NÖ nachgegeben und Österreichs Klimaziele nun vermeintlich wirtschaftlichen Interessen geopfert", mutmaßt Landessprecherin Helga Krismer. Durch den Bau der dritten Piste und den erhöhten Flugverkehr würden die Treibhausgasemissionen Österreichs deutlich ansteigen. Kritik kommt außerdem von der Liste Pilz sowie von der Umweltorganisation WWF.

Freude in Wien und Niederösterreich

Der Vorsitzende der SPÖ Wien, Michael Ludwig, begrüßt die Entscheidung. Damit seien nun "endlich die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für die Realisierung gegeben“. Die Bewilligung ermögliche „eines der bedeutendsten Infrastrukturprojekte für Wien und die gesamte Region“. Das Projekt sei für den Wirtschaftsstandort von zentraler Bedeutung. Nur durch den Ausbau des Flughafen Wien wäre zu gewährleisten, dass mehr Fluglinien Wien als Destination frequentieren und von Wien aus mehr potenzielle Ziele angeflogen werden können. Das Projekt stärke Wien als zentraleuropäischen Knotenpunkt und sei zudem für die heimische Wertschöpfung als auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen ganz wesentlich und essentiell.

In dieselbe Kerbe schlägt die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). „Heute ist ein guter Tag für die weitere Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Niederösterreich und die gesamte Republik. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur 3. Piste am Flughafen Wien-Schwechat ermöglicht neue Perspektiven für zusätzliche Arbeitsplätze und Wachstum in einer dynamisch wachsenden Region“, kommentiert sie die heutige Entscheidung.

Selbstverständlich gelte es nun aber abzuwarten, "ob gegen diese Entscheidung neuerlich Beschwerden bei den Höchstgerichten eingebracht werden", betont Mikl-Leitner. Grundsätzlich müsse das Ziel bei derartigen Projekten sein, die Verfahrensdauer zu beschleunigen, meint sie. Dafür sei es wichtig, "Arbeitsplätze und Wirtschaftsstandort als Staatsziele in die Verfassung aufzunehmen und die im Programm der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung rasch umzusetzen“.

 

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