Chronik/Wien

Ab Mitte Juni: Wirtshausgutscheine für 950.000 Haushalte in Wien

Er ist einer der traditionellen Schönwetter-Termine der Wiener Stadtregierung: die alljährliche Eröffnung der Schanigarten-Saison.

Dieses Jahr nutzen Bürgermeister und Wirtschaftskammer die Veranstaltung, um eines der bisher größten städtischen Corona-Hilfspakete - und wahrscheinlich das öffentlichkeitswirksamste - zu verkünden.

Ab Mitte Juni erhält jeder Wiener Haushalt einen gratis Essensgutschein. Einzulösen in einem der 9.000 Gastro-Betriebe oder Kaffeehäuser.

Rund 950.000 Haushalte in Wien sollen davon profitieren. Ab Mitte Juni bis Ende September werden die Gutscheine ausgegeben. Einpersonenhaushalte bekommen 25 Euro, für Mehrpersonenhaushalte sind es 50 Euro.

Insgesamt hat die Stadt, die die gesamten Kosten trägt, rund 40 Millionen Euro für die Aktion budgetiert.

Präsentiert wurde die Maßnahme in ungewohntem Ambiente: Geplant war ein Besuch im Schanigarten des Augustinerbräu bei der Albertina. Aus Platzgründen - Sicherheitsabstand einhalten! - wurde diese dann aber kurzerhand vor den Schanigarten auf die Straße verlegt.

Weniger ungewohnt waren die (gut versteckten) Seitenhiebe von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf die Bundesregierung. Die Corona-Krise sorgt seit geraumer Zeit für einen Schlagabtausch zwischen Türkis-Grün und der rot-grünen Stadtregierung.

Man sei von Anfang an bemüht, die Maßnahmen der Bundesregierung umzusetzen, betonte Michael Ludwig gleich mehrfach. Das gelte für den Gesundheitsbereich - gerade hier gab es zuletzt immer wieder Unstimmigkeiten -, aber auch für die wirtschaftlichen Bemühungen.

Daher wolle man sich auch in der Gastronomie mit eigenen Wiener Maßnahmen einbringen, so Ludwig: "Solange die Touristen ausbleiben, sollen die Wiener besonders liebevoll mit ihren Gastronomen umgehen", erklärt der Bürgermeister. Der Gutschein trage dazu bei, dass die Gastronomie nachhaltig in Schwung komme.

Insgesamt gibt es in Wien rund 6.000 Gastro-Betriebe mit 60.000 Angestellten. Die Wertschöpfung liegt bei 1,4 Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommen weitere 3.000 Kaffeehäuser, die ebenfalls von den Gutscheinen profitieren. "Die Aktion soll auch deutlich machen, dass wir in Wien um jeden Arbeitsplatz kämpfen", so Ludwig.

Ob sich die Stadt die Summe von 40 Millionen Euro leisten könne? "Ja. Wir haben gut gewirtschaftet in den vergangenen Jahren und vorgesorgt", sagt Ludwig.

Unsichere Zukunft

Die Wirte blicken trotz Öffnung in eine ungewisse Zukunft: Man rechne damit, dass die Auslastung um 30 bis 60 Prozent geringer sei als in normalen Zeiten, sagt der Wiener Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck.

Die Wiener SPÖ und vor allem Bürgermeister Michael Ludwig setzen die Hilfsaktion - mit Blick auf die Wien-Wahl im Herbst - zu einem strategisch klugen Zeitpunkt.

Wahlkampf mit Gutscheinen und baren Geldleistungen ist übrigens keine neue Erfindung: Schon Jörg Haider tingelte in Kärnten durchs Land und verteilte Geldscheine zum Teuerungsausgleich an sozial Schwächere. Auch die SPÖ versuchte sich darin: Der damalige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer scheiterte mit seiner Idee des "Gusi-Hunderter" jedoch.